Volltext: Nach Amerika!

aine glückliche Ehe fast verunmöglicht. Verstärkt werden alle Proble- 
me durch die vielen Feste, bei denen Alkohol in Mengen fliesst. 
Nun, in diesem Dorf begann ich, mit Pflanzen Alpacawolle zu fär- 
ben. Ich hatte davon ein bisschen Ahnung, weil ich in Peru einen Fär- 
ber gut gekannt, und ihm manchmal in seiner Werkstätte geholfen hat- 
te. Aber vor allem hatte ich mit Europa geschäfliche Beziehungen, um 
die Produkte verkaufen zu können. Aber Färben ist auch sehr einfach, 
ınd so hatte ich bald eine ansehnliche Farbskala beieinander. Aus der 
gefärbten Wolle machten wir bald auch Pullover, Wolldecken usw. und 
axportierten sie vor allem in die Schweiz und nach Liechtenstein, wo 
sie in Dritte-Welt-Läden verkauft wurden. 
Die Ankunft in Bolivien deckte sich auch mit der Zeit der Hyperin- 
Aation, die wohl fast jedes lateinamerikanische Land ein oder mehrere 
Male durchgemacht hat. Wollte man 100 US-Dollars wechseln, brauch- 
ie man für das bolivianische Geld ein sehr grosse Tasche. In einem 
Aktenkoffer konnte man die Pesos nicht verstauen. Für den Einkauf 
von Wolle nahm ich das Geld in einem Kartoffelsack mit. Die Lösung 
für dieses Problem war für die unteren Schichten in Stadt und Land 
der Tauschhandel, für die oberen Schichten war es die «Dollarisie- 
rung». Man kaufte und verkaufte nur noch in der US-Währung. Als 
dann eine neue Regierung den Wechselkurs (mit Hilfe der USA) garan- 
ierte, kostete ein US-Dollar etwas mehr als zwei Millionen Pesos. 
«Mit 50 soll man aufhören, Krieger zu sein, und der Weisheit nach- 
streben.» Diesem Spruch der alten Inkas habe ich unbewusst nachge- 
lebt, denn mein Interesse an religiösen Fragen wuchs mit der Zeit wie- 
der, und als sich die Gelegenheit ergab, eröffnete ich eine Buchhand- 
lung für religiös und esoterisch interessierte Leute. Gleichzeitig eröff- 
nete meine Frau ein vegetarisches Restaurant. 
Und da stehen wir nun. Die Wollfärberei und das Geschäft mit dem 
Xunsthandwerk gehen langsam zurück, auch wohnen wir seit acht 
Jahren in La Paz und nicht mehr in Sajama. Wir beschäftigen uns mit 
‚eligiösen Büchern und vegetarischer Küche. 
Natürlich denke ich nicht an eine Rückkehr. Ich hätte keinen Grund. 
Bolivien und La Paz ist eine Friedensinsel, und wir geniessen das 
Leben hier. Die Kontakte zu Europa sind vor allem familiärer und 
geschäftlicher Art. Die persönlichen Kontakte, die ich hier in Bolivien 
habe, sind aber nicht weniger intensiv und tief als die europäischen. 
{m Ganzen gesehen, stelle ich mir das Altern hier in Bolivien viel ge- 
mütlicher vor als in Europa. Ich habe deshalb auch die bolivianische 
Staatsbürgerschaft beantragt: Vor sechs Jahren — hier prüfen sie eben 
besonders gut, wen sie aufnehmen wollen und wen nicht. Auch wenn 
ich schmiere, geht nicht alles wie geschmiert. Wenn ich zurückblicke, 
<ann ich mir vorstellen, dass ich all die Erfahrungen, die mich in mei- 
Arunhart 
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