Volltext: Nach Amerika!

manchmal vorhandene Überheblichkeit gegenüber ärmeren Menschen 
und Ländern in einen aufrichtigen und fühlbaren ehrlichen Stolz auf 
unser Land umzuwandeln versuchen. Wenn dies gelingt, kommt auto 
matisch jene Bescheidenheit, die einem selbst und vor allem den ande- 
ren gut tut. Der eigene Charakter ändert sich wohl nie. 
Sicher werden hier im täglichen Leben Dinge anders gemacht als in 
Liechtenstein. In einem Land wie Kolumbien hat man sich zuerst dar- 
an zu gewöhnen, dass der Lebensrhythmus langsamer ist. Aus dem 
einen oder andern Grund Stunden oder Tage zu verlieren ist nicht 
mehr so wichtig. Auch zwingt einem die Gesellschaft nicht mehr, auf 
Dinge zu achten, die in Liechtenstein noch wichtig oder sogar Pflicht 
waren. Man wird hier wahrscheinlich in vielen Dingen oberflächlich 
In diesem Land kommt es allerdings sehr darauf an, ob man auf dem 
Land oder in der Grossstadt wohnt. Die Unterschiede sind riesengross 
"Jm ein Scheitern zu verhindern, heisst es lernen und sich anpassen. 
Wenn ich nun auf mein Berufsleben eingehe, muss zuerst gesagt 
werden, dass es in dieser Hinsicht überhaupt nicht so kam, wie es 
geplant oder gewünscht war. Nach einer KV-Lehre habe ich einige Jah- 
re in der Schweiz und in Liechtenstein gearbeitet. Dies immer in der 
Eisenwarenbranche. Es war somit naheliegend, das ich mich in 
Kolumbien auch in dieser oder einer verwandten Sparte beschäftigen 
wollte. Mir schwebte vor, einmal die Vertretung einer schweizerischen 
oder liechtensteinischen Firma zu übernehmen. Um dies verwirkli- 
chen zu können, hätte ich unbedingt in der Hauptstadt Bogotä bleiben 
sollen. Gleich nach unserer Ankunft mussten wir aber aus familiären 
Gründen nach Sogamoso ziehen, eine Provinzhauptstadt auf 2’600 
Metern über Meer mit zirka 100’000 Einwohnern. Wie das Leben halt 
manchmal so spielt, sind wir hier geblieben. Heute nach Gründen zu 
suchen, warum es mir nie gelungen ist, nach Bogotä umzuziehen, um 
in meinem Beruf arbeiten zu können, ist wohl sinnlos. 
In Sogamoso habe ich dann mit einem Projekt angefangen, das mir 
nach Jahren Arbeit viel persönliche Befriedigung gebracht hat. Der 
finanzielle Erfolg ist leider bis heute ausgeblieben. Was die finanzielle 
Seite anbelangt, ist unbedingt beizufügen, dass sich Kolumbien schon 
seit drei Jahren in einer schweren Rezession befindet, aufgrund eines 
Drei-Fronten-Krieges des Staates gegen die Drogenmafia, Guerilla und 
Schmuggelbanden. Die Finanzierung dieses Krieges reisst immer grös- 
sere Löcher in die Staatskasse und muss mit Steuererhöhungen in 
Gang gehalten werden, die ihrerseits mehr Arbeitslosigkeit und Fir- 
menschliessungen nach sich ziehen. Die permanente Einmischung der 
USA in die inneren Angelegenheiten Kolumbiens und eine superpopu- 
listische Regierung tragen das Übrige zu Situation bei. Die Zukunft ist 
düster. 
Brunharı 
af
	        

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