Während Ernst Müssner, der ebenfalls in Saskatchewan Arbeit gefun
den hatte, sich definitiv in Vibank niederliess, zog es Johann Thoeny
weiter nordwärts. In Hutton, einem kleinen Örtchen zirka sechzig Mei
len von Prince George in der Provinz British Columbia entfernt, schlug
er einen kalten kanadischen Winter lang zehn Stunden am Tag Holz
und arbeitete in einer Sägerei. Johann Thoeny erinnert sich: Die
Arbeiter hätten unter den härtesten Bedingungen «gekrampft». Be:
Temperaturen bis zu 45 Grad Kälte hätten sich jeweils 25 Mann ein
Zimmer in einer Blockhütte geteilt. Die Löcher in den Wänden ver-
suchten sie mit Mist zu stopfen, und zum Heizen machten sie ein Feu
er in einem Benzinfass. Der Lohn für ihre Mühe war gering: 30 Cents
pro Stunde. Einen Dollar mussten die Arbeiter für die Verpflegung
bezahlen. Da blieben gerade noch 2 Dollars pro Tag übrig.
Als Schwarzfahrer nach Prince Rupert
Im Frühjahr 1925 zog Johann mit nur ein paar wenigen gesparten
Dollars, versteckt in seinen Socken, nach Prince George. Zusammen
mit dem «Bascha-Welti Hugo» kletterte er eines Abends auf das Dack
eines Passagierzugs, der Richtung Prince Rupert an der Pazifikküste
unterwegs war. Der Zug, von einer Dampflokomotive gezogen, hatte in
Prince George Station gemacht, um Wasser zu fassen. Auf den Wag
gondächern waren Stäbe, an denen sie sich festhalten konnten. Viele
Männer reisten damals auf diese Weise, Geld für eine Fahrkarte hatte
kaum einer. Irgendwo unterwegs sprangen die beiden vom Zug. Sie
erjagten einen Hasen und verzehrten ihn, nachdem sie ihn ohne viele
Küchenutensilien zubereitet hatten. Bei einem Bauern kauften sie sich
Zier. Dessen Nachbarn halfen sie beim Ausgraben von Baumstümpfen.
wofür sie wiederum Verpflegung bekamen.
Zu Fuss setzten sie ihre Reise bis zur nächsten Stadt fort. Die Über
nachtung im Hotel hätte sie 50 Cents pro Person gekostet, da zogen sie
es vor, in einem leeren Passagierwagen zu schlafen. Am frühen Mor-
gen wurden sie von Bahnarbeitern aus dem Schlaf gerissen und weg-
gejagt. Mit einem Güterzug ging es weiter nach Prince Rupert. Obwohl
sie wiederum als Schwarzfahrer unterwegs waren, zeigte ein Konduk
teur Herz. Bei einem Zwischenhalt irgendwo unterwegs bezahlte er
Johann eine Mahlzeit und warnte ihn vor der Polizei, die in Prince
Rupert auf die Schwarzfahrer warte. Der Kondukteur drosselte dann
kurz vor der Stadt die Geschwindigkeit des Zuges, damit die Männer
abspringen konnten.
Nun ging es mit dem Schiff weiter nach Anyox, wo Johann Thoeny
zwei Jahre lang in einem grossen Kupferbergwerk arbeitete. Bis zu
1’500 Männer waren dort beschäftigt. Johann arbeitete jedoch nicht in
den Minen selbst, sondern erledigte verschiedene Aufgaben im Freien.
Oben: vor der Auswande-
rung 1924
Unten: auf der Überfahrt
nach Kanada
Biographische Beiträge