ich alles besorgt habe und meine Freunde gesehen, und so lange muss
der Julius allein bleiben und selbst haushalten.» (21.1.1896). «Der
Juli muss dann selbst kochen und er hasst es zu tun.» (21.2.1910).
Die Berichte Karolinas über ihren Sohn Julius standen oft in Zu-
sammenhang mit der alten Heimat in Liechtenstein. «Julius hätte
recht Lust nach der alten Heimat zu gehen, aber ich fühle mich zu alt,
hin und her zu reisen, denn er würde nicht draussen bleiben, und ihn
allein könnte ich nicht ziehen lassen, denn er ist noch alles was mir
geblieben ist, und somit will ich mich nicht von ihm trennen, wenn ich
nicht muss.» (13.2.1904). «Der Julius sagt, er gehe nicht mit, wenn
ich nicht wieder mit ihm zurückgehe. Er sagt, er bekäme Heimweh
dort, wenn er müsste dort bleiben, denn die hiesige Lebensweise und
Erleichterung ist zu einladend.» (25.4.1910). Für ihren Sohn, zwar in
Triesenberg geboren, aber in Amerika aufgewachsen, war die Neue
Welt bereits zur Heimat geworden. Diese stand ihm emotional näher
als die alte Heimat, die er nur aus Gesprächen und Briefen kannte.
Sein Bezug zu Liechtenstein war mehr ästhetischer Natur. «Der Julius
möchte so gerne euere Musik hören, ich denk immer, wenn ich nicht
mehr bin wird er hinaus kommen, aber nicht für bleiben, denn er hat
zu gute Heimat hier.» (2.1.1914). Dieser ästhetische Bezug, der auch
im Interesse für den Triesenberger Dialekt zum Ausdruck kam, wurde
abstrahiert zu einem ideologischen Rassenbegriff — «die von deut-
schem Abstamm», wie es in seinem Schreiben von 1916 hiess —, der
mit Liechtenstein als Geburtsort nichts mehr zu tun hatte.
Die alte Heimat
Ganz anders war der Bezug zu Liechtenstein und Triesenberg bei
Karolina Schädler. «Wenn du wüsstest, wie ich mich über alles, und
nach allen dort meinen Geschwisterten mich sehne und so gerne was
von ihnen hören möchte.» (21.1.1896). Während bei Julius das Inter-
esse für die alte Heimat ideologisch überhöht und zum gesellschaftspo-
litischen Programm wurde, war das Interesse von Karolina emotional
geprägt und zutiefst persönlicher Natur. Für sie war Heimat zunächst
der Personenverband, in welchem sie aufwuchs. Alle Neuigkeiten und
Änderungen in den persönlichen Verhältnissen ihrer Verwandten in
Triesenberg wollte sie erfragen. Immer wieder schrieb sie, dass sie
von ihnen hóren - nicht lesen - möchte. In ihrer Wortwahl zeigte sie
damit, wie sehr es sie nach der Anwesenheit der Verwandten verlang-
te. In ihren Fragen nahm sie Anteil am Leben in ihrer Heimat Triesen-
berg. Diese aber war mehr als der geographisch festgeschriebene Ort,
dessen Gemeindegrenzen auf den Landkarten eingezeichnet sind.
Heimat war für Karolina der Ort der gemeinsamen Erinnerung. Die
ersten Lebenserfahrungen ihrer Jugend waren von der rauhen und
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