Volltext: Nach Amerika!

dern Englisch, ich gehe aber auf die andere Seite in die Deutsche Kir- 
che.» (22.6.1891). 
Albina war trotz dieser Vorzüge nicht ihr Ort. Für Karolina wichtige 
Bezugspunkte wie der Verwandtschaftskreis und die Glaubensgemein- 
schaft, verblieben in der dicht bebauten Stadt. Dazu kam, dass der 
ländliche Charakter Albinas Klima und Landwirtschaft wieder wichtig 
werden liess, ohne die Möglichkeit zu einer entsprechenden Tätigkeit 
zu bieten. «Es war diesen Sommer ziemlich heiss hier, wir hatten in 
zwei Monat nur einmal Regen hier, der Weizen und Kartoffel sind gut 
geraten und überhaupt alles, denn in Oregon gibt es selten ein Miss- 
jahr.» (26.8.1891). Nach den Jahren ihres Aufenthalts in Portland, wo 
«nichts wie Blumen in die Gärten gepflanzt» (24. 4. 1885) wurde, 
schrieb Karolina in Albina wieder über den Ackerbau. Sie selbst 
schien aber nichts angebaut zu haben. Da sie auch das Teppichweben 
nach dem Ableben ihrer Tochter aufgegeben hatte, stand allein die 
Beziehung zu ihrem Sohn Julius im Mittelpunkt des Lebensinteresses. 
Diese intensive Mutter-Sohn-Beziehung wurde in Albina zu einer 
einengenden Abhängigkeit, auf die sie reagierte. «Der Julius hat noch 
keine Bekanntschaft, er sagt, er hat zu ein gutes Heim, er bekäme es 
nicht mehr so gut, wiewohl es mir recht wäre, wenn er ein gutes 
katholisches Mädchen heiraten würde, dann hätte ich nicht mehr auf. 
zupassen auf ihn und könnte gehen, wo ich wollte, denn ich habe 
immer noch im Sinn, dich, liebe Schwester, noch einmal zu sehen so 
Gott will.» (26. 8. 1891). Der Wunsch, dass ihr Sohn heiraten möge, 
war zum einen in der Sorge um seine Zukunft begründet. Zum ande- 
ren war er Ausdruck, der Abhängigkeit zu entkommen und so die Rei- 
se in ihre alte Heimat möglich zu machen. 
Gemeinsam mit ihrer Schwester Juliana Sele, die ebenfalls die 
Tochter verloren hatte, wollte sie die alles beherrschende Trauer um 
Theresia bewältigen. Albina, das nicht mehr Stadt und noch nicht 
Land zu sein schien und wo Karolina weder Heimarbeit noch Land- 
wirtschaft betrieb, war nicht der rechte Ort für diese Trauerarbeit. 
Karolina Lampert, Troutdale 1892 bis 1916 
«Troutdale, 27 Februar 1893 —- Liebe, Theure Schwester! Schon lange 
wollte ich dir schreiben, um zu erfahren warum du nicht schreibst, 
aber immer ist es geblieben. Ich habe deinen lezten Brief bald vor 
einem Jahr erhalten und dier auch gleich geantwortet, aber leider kei- 
ne Antwort mehr erhalten, vor allem aber liebe Schwester glaube 
nicht, dass ich euch alle vergessen habe. Ich bin mit Julius seit lezten 
Sommer auf dem Lande weil er nicht ganz gut fühlte, nahe bei der 
Katharina”, und Alexander, ich habe dort ein Haus gebaut und wier 
haben im Sinn hier zu bleiben, der Julius ist wieder ganz gesund, es ist 
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Biographische Beiträge
	        

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