Karolinas Lamperts Akkulturation äussert sich nicht zuletzt auch
darin, dass sie Mitbegründerin eines Vereins wird: «Wir haben einen
St. Marian Frauenverein gegründet, jedes Mitglied bezahlt 25 Sent
den Monat, und daraus werden Kirchengewänder gekauft und
gemacht. Die Ursula Beck ist Präsidentin und ich bin Sekretärin vom
Verein, wir müssen somit alles besorgen. Unsere Verwandtschaft, ich,
der Lui Lampert und Becks famili, haben ein neues Messgewand auf
Ostern gekauft für 50 Thaler.» (4.5.1887). Die Kirche und die Religion
spielten für Karolina zeitlebens eine zentrale Rolle. Dass nun dieser
Einsatz für die Kirche in Form eines Vereins organisiert wurde —- mit
Statuten, Präsidentin und Sekretärin —- ist nur ein Beleg mehr für die
Übernahme städtischer Lebensformen.
Der Zusammenschluss zu einem Verein diente der Durchsetzung
politischer und religiöser Interessen, wie sie in der Forderung nach
einem eigenen Kirchengebäude zum Ausdruck kommen. «Wir bekom-
men jetzt auch eine deutsche Kirche hier, am 19. März wird der
Grundstein gelegt, wir haben wohl zwei deutsche Priester hier, aber es
wird alles englisch gepredigt.» (7.2.1886). «Mit unserer Kirche geht
es ziemlich schnell, bis August wird sie eingeweiht, da habe ich auch
30 Thaler dazu gegeben, es kostet aber noch viel, wir haben noch kei-
ne Schul und kein Pfarrhaus, und die deutsche Schul muss nach der
Kirche das erste sein, und somit kann ich noch ein paar mal 30
geben.» (4.5.1887). Dieses aktive und offene Eintreten für die Anlie-
zen der Sprach- und Religionsgemeinschaft zeugt von einer Politisie-
rung des Bewusstseins, das vom städtischen Milieu geprägt wurde.
Der bisherigen Angleichung an die amerikanischen Lebensformen,
wie sie in Mode und Hauseinrichtung zum Ausdruck kam, wurde nun
durch die institutionalisierte Sicherung der Sprache und Kultur gegen-
gesteuert. Zwar war es nicht die Schule, in welcher die Muttersprache
unterrichtet wurde, wohl aber ein vom Pfarrer geleiteter Verein, in
welchem auch Karolinas Tochter Theresia Mitglied war. Sie schreibt:
«Liebe Kreszenz, du musst mich entschuldigen für mein schlichtes
Schreiben, denn es ist schon lange, dass ich geschrieben habe. Du
wirst es wohl sehen an meinem Gekritzel, aber wir haben jetzt einen
Verein St. Aloisius, da haben wir 2 mal in der Woche Zusammenkunft,
einmal für Geschäfte und einmal für Schule, der Pfarrer lernt uns
Deutsch schreiben und lesen. Ich muss jetzt schliessen, denn die Mut-
ter schimpft, dass ich so viele Bocks in meinem Brief habe.» (März
1887).
Die Sprachpflege in der organisierten Form eines Vereins lässt zwei
Sachverhalte deutlich werden: Einmal zeigt sich dadurch das eigen-
ständige Auftreten einer ethnischen Gruppe innerhalb der Stadtge-
meinde, die sich in ihrer Verschiedenheit abzuheben versuchte. Ande-
tr
Biographische Beiträge