Karolinas wirtschaftliche Überlegungen erfüllten sich, so dass sie
noch nach vier Jahren in Portland ihrer Schwester berichtete: «/ch
'hue noch immer etwas Karbetweben, denn ich habe dabei schnell viel
Geld verdient.» (4.5.1887). In den Augen ihrer Freundin Katharina
Frommelt war sie eine reiche Frau: «Deine Schwester Karolina und
Sohn sind gesund und auch reich, sie hat zwei Häuser. 40 Acker Land
neben uns und noch viel Geld in der Bank. Zudem verschenkt sie noch
viel. Sie ist die Gutheit selber.» (20.12.1889).
Der finanzielle Erfolg der Heimarbeit liess einen Beweggrund des
Umzugs in den Hintergrund treten: «Liebe Schwester, ich habe Free-
port verlassen, um noch besser zu sorgen für meine Kinder, nämlich
für mein Julius ein Stück Land zu kaufen, damit er nicht sein Lebtag
unter fremden Leuten arbeiten muss. Aber bis jetzt hat es mir noch
nicht gefallen, denn es ist hart urbar zu machen.» (24.4.1885). Das
von Kindheit an vertraute Landleben und die durch die Selbstversor-
zung gewährleistete Autonomie waren erstrebenswert, aber nicht
mehr um jeden Preis, Schliesslich kaufte Karolina doch noch Boden,
aber nicht mehr um ihn zu bewirtschaften, sondern aus spekulativen
aründen. «Z/ch hatte wieder Lotten gekauft, hier ein Haus, da bekom-
me ich 10 Thaler Hausmiete den Monat, in Austoria habe ich 4 Lotten
gekauft, und neben dem Alexander und Franzsepp habe ich 40 Acer
Land gekauft, somit habe ich mein Geld alles ausgegeben, ich habe
ıber gute Aussichten, es wieder gut zu verkaufen, nämlich mit gros-
sem Profit, denn es wird von Jahr zu Jahr theurer hier, das Land und
Stadt progrede (entwickeln sich) und somit gebe ich es noch nicht auf,
dass ich euch nicht noch sehen werde.» (13.12. 1890).
Während Franz Josef Frommelt und Alexander Lampert sich in
Oregon in einer ländlichen Umgebung - zwölf Meilen von der Stadt
Portland entfernt — einrichteten, blieb Karolina in der Stadt. Sie hatte
sich dort dank ihrer Verwandten auch schnell eingelebt, so dass sie
einem geplanten Umzug aufs Land widerwillig entgegensah: «Das
schlimmste ist noch, ich bin bange, dass ich das Heimweh bekomme,
wenn ich von meinen Verwandten fortkomme, denn sie sind alle recht
gut zu mir und ich habe recht viel Vergnügen hier, und ich habe so vie-
le Plätze wo ich hin muss und deshalb habe ich dir auch so lange nicht
geschrieben.» (24.4.1885).
Der Sippenverband bildete das integrierende Moment in der für
Karolina neuen Situation einer wachsenden Grossstadt. Die städtisch
geprägte Lebensform wurde von ihr schnell übernommen. So spricht
sie von «Vergnügungen», welche einen Wandel des Naturverständnis-
ses anzeigen und damit die Akkulturation verdeutlichen: «Wir haben
so viel Vergnügen, im (Sommer) gehen wir jeden Sonntag Nachmittag
aus spazieren, manchmal auf die Berge, manchmal auf den Reber
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