war von einer tristen wirtschaftlichen Lage und von zyklisch wieder-
kehrenden Ernährungsengpässen. «Wo ich gesehen habe, dass die
Kartoffeln wieder schwarz sind, und dass ihr wieder amerikanischen
Türken essen müsst, kam ein solches Bedauern über mich, dass ich in
Tränen ausbrach, denn ich dachte wieder an die teuren Zeiten, wo wir
noch kleine Mädchen waren.» (29.9.1877), schreibt Karolina ihrer
Schwester und erinnert damit an die der Revolution von 1848 voran-
gegangene Hungersnot. Auch in späteren Zeiten konstatiert sie ein
Gefälle zwischen der Ernährungssituation in Amerika und in Europa.
«Mein Julius hat schon oft gesagt, ach Mutter lass uns nach Deutsch-
land gehen, aber wenn ich ihm sage, dass er trockenes Türkenbrot
ohne Butter und Sirup essen müsse und gar kein Fleisch kriegt, aber
dann will er nichts mehr davon hören.» (15.11.1874).
Die Verdienstmöglichkeiten in Triesenberg waren begrenzt. Sie wa-
ren vornehmlich in der Landwirtschaft und in der Heimarbeit zu fin-
den. «Ich habe dem Julius schon oft erzählt, wie wir es früher gehabt
haben, wo die Eltern noch gelebt haben. Winterszeit beim Spinnen
haben wir gesungen und hätten mit den Reichsten nicht getauscht.»
(9.5.1912). Das Aufkommen der Fabrikindustrie in Liechtenstein zu
Beginn der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts traf die auf die indu-
strielle Heimarbeit angewiesene Bevölkerung empfindlich. 1861 wur-
de in Vaduz der erste Fabrikbetrieb des Landes errichtet, 1863 wurde
in Triesen eine Weberei gebaut. Die Arbeit konnte nun nicht mehr
zuhause, sondern musste an den Fabriksstandorten geleistet werden.
«Draussen müsste ich bis nach Triesen hingehen bis ich nur Arbeit
hätte» (15.11.1874), war sich Karolina über die veränderten Arbeits-
bedingungen in Liechtenstein auch nach ihrer Emigration im klaren.
Neben der Landwirtschaft, der Heim- und Fabriksarbeit bildete die
zeitlich begrenzte Auswanderung in die Schweiz noch eine Verdienst-
möglichkeit, vornehmlich für die Männer. «Ich habe wieder genug
gehört, was man dort alles entbehren muss, was man hier in Fülle hat,
und die armen Männer brauchen nicht jedes Frühjahr ihr Bündleli zu
packen und ihre Familie zu verlassen auf den ganzen Sommer.» (26.6.
1881). Die Abwesenheit des Mannes während der Sommerszeit war
ein grosser Nachteil der saisonalen Wanderung. Dieser wurde noch
dadurch verstärkt, dass das Erwirtschaftete nicht lange vorhielt:
«Draussen müsst ihr im Winter doch wieder alles verzehren, was der
Mann im Sommer verdient und habt noch nichts Gutes.» (Sommer
1881, Nr. 21).
Die von Karolina Lampert in ihren Briefen geschilderte wirtschaftli-
che Situation in der Heimatgemeinde Triesenberg wurde von ihr viel-
leicht überzeichnet, um die neue Heimat Amerika für die in Liechten-
stein verbliebenen Geschwister um so attraktiver zu machen. Dennoch
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