Rupert Tiefenthaler
«... dass ich mehr Unternehmungsgeist habe, wie ihr alle
miteinander»
Biographie der Karolina Lampert, geborene Schádler, anhand ihrer
Briefe aus Amerika
Karolina Schádler wurde als viertes Kind von Johannes Schädler
(1802-1864) und Kreszenz Sele (1811-1862) am 16. April 1843 in
Triesenberg geboren.! Die Familie Schádler hatte insgesamt sieben
Kinder, fünf Mádchen und zwei Buben, wovon einer bereits im ersten
Lebensjahr verstarb. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern heiratete
Karolina am 27. Februar 1865 im Alter von 22 Jahren den 26jáhrigen
Xaver Lampert, ebenfalls aus Triesenberg. Ein Jahr spáter kam ihr
Sohn Julius zur Welt. 1868 wanderte die Familie Lampert nach Free-
port (Illinois) aus.
Karolina blieb in regem Briefkontakt mit ihren Geschwistern in
Triesenberg. Vornehmlich schrieb sie ihrer Schwester Juliana (1845-
1915), die mit Joseph Sele (1838-1876) verheiratet und spáter als Wit-
frau Pfarrkóchin in Triesenberg war. Um die Jahrhundertwende war
ihre Ansprechpartnerin oft auch ihre Nichte Magdalena Schédler
(1877-1945), eine Tochter der Schwester Nothburga (1837-1912) und
des Andreas Schádler (1837-1919). Fast achtzig Briefe von Karolina
Lampert haben sich am Triesenberg erhalten. Der früheste, von Karo-
lina selbst mit der Jahreszahl versehene Brief stammt aus dem Jahr
1873. Die letzten Nachrichten von ihr lesen wir in einem Brief ihres
Sohnes Julius im Frühjahr 1916. Ein Grossteil der Schreiben enthält
keine Jahreszahl, so dass eine Datierung erst aufgrund einer Analyse
des Inhalts möglich war. Der Bezug in den Briefen auf politische Ereig-
nisse wie den Amerikanisch-Philippinischen Krieg 1899 oder auf ge-
sellschaftliche Schlagzeilen wie die Weltausstellung in Paris 1891 oder
den Untergang der «Titanic» 1912 waren markante Punkte, welche
eine ungefähre Datierung der Briefe erleichterten. Ebenso dienten die
in den Briefen erwähnten Vorkommnisse in Amerika und in Triesen-
berg der Rekonstruktion von Karolinas Lebensgeschichte.
Der über mehr als vierzig Jahre dauernde Briefkontakt zeigt ein
Auswanderungsschicksal, das nicht einfach war. Die Familie Lampert
wuchs. Eine Tochter, Theresia, wurde 1869 geboren. Einige Zeit später
kam ein drittes Kind namens «Liene» zur Welt. Der Vater Xaver Lam-
pert starb jedoch in der ersten Hälfte der siebziger Jahre. Als Witwe
musste sich Karolina in einem fremden Land allein um ihre Kinder
kümmern.
Neben biographischen Einzelheiten erfahren wir aus den Briefen
auch Sichtweisen und Handlungsmotive, die zwischen den Zeilen ste-
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