Hermine Kindle bereute jedoch den Verkauf. Nach dem Tod ihres
Mannes wurde klar, dass sie dem Verkauf nur zugestimmt hatte, weil
sie glaubte, dadurch ihrem erkrankten Mann helfen zu können. Durch
ihren Verzicht sollte Miguel zu neuer Energie kommen und gesund
werden. Doch er starb 1981.
Das Wohnrecht Hermines hat später für Kopfzerbrechen gesorgt.
Die Musikschule wollte den Innenhof mit seiner wundervollen Akustik
während der Internationalen Meisterkurse für Konzerte nutzen, doch
dazu braucht sie Frau Kindles Einwilligung, die sie ungern gibt. Da das
Schloss samt Mobiliar und dem kostbaren Inhalt gekauft worden war,
drohte Mane Vogt vor der verschlossenen Türe gewaltsames Eindrin-
gen in die Privatgemächer an, um zu den Schränken voller Mess- und
Fastentücher vorzudringen. «Wir haben sie herausgeholt. Das gehört
ihr nicht.»
Der frühere Balzner Vorsteher und die Schlossbesitzerin prallten
mit ihren harten Köpfen öfter aufeinander. Mane Vogt sorgte aber
nach eigener Schilderung auch dafür, dass Frau Kindle bei einem
Empfang in der Burg durch rasch herbeigeholte Lampen in einem wei-
chen und günstigen Licht erschien. Als dann die Herrin der Burg Gut-
enberg der anderen liechtensteinischen Schlossherrin, der Fürstin
Gina, «auf eine liebe Art» eine silberne Rose überreichte, musste Mane
Vogt zugeben: «Das ist auch Hermine.»
Von den vielen Menschen, die auf Burg Gutenberg ihre Kräfte hin-
terlassen haben, ist La Condesa Hermine Kindle de Contreras Torres
sicher eine.
«Gott lebt in Mexiko»
Am nächsten Tag trug Hermine unter dem fuchsroten Pelzmantel ein
türkisfarbenes Spitzenkleid auf seidenem Futter. Sie streifte die goldle-
dernen Pumps ab und legte die Füsse auf den gepolsterten Schemel,
den ihr energischer Fusstritt auf den richtigen Platz vor ihrem Fauteuil
befördert hatte.
Ich fragte sie noch einmal nach den Filmen, in denen sie mitgespielt
hatte: «Juarez y Maximiliam, «Kaiserin Carlota», La Golondrina>, «La
Palomo», und viele andere. Ach, ich erinnere mich nicht mehr.»
Da wurde die Tür von aussen aufgerissen, und ihr Mann Boris Rey-
nolds stürmte herein. «Hilf mir», rief sie und hob ihre Arme hoch. Hin-
ter ihrem Stuhl nahm er ihre Hánde, küsste sie und beugte sich zu
ihrem Hals hinunter. Was er sagte, tónte für mich wie: «Was wollen die
schon wieder von Dir. Ich werde Dich beschützen, mein Schatz.» Her-
mines Mann ist jugendlich, mit schátzungsweise 45 Jahren etwa halb
so alt wie sie, temperamentvoll und schón.
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