Medea de Novara, wie sie nun hiess, war genau aus dem Stoff, der
Charlotte — in Mexiko Carlota — die Reinkarnation auf der Leinwand
ermóglichte. 1933 produzierte Contreras Torres den ersten mexikani-
schen Superfilm, «/a primera superproducción del cine méxicano»,
und seine Frau spielte die Hauptrolle darin. Am 28. Juni 1934 lief der
Film «Juarez y Maximiliano» im Kino Principal an und wurde sechs
Wochen lang gespielt — ein riesiger Publikumserfolg.
Die Zuschauer schien es offenbar nicht zu kümmern, dass beim
Betrachten dieses Filmes ihr Herz unversehens für die Kaiserlichen
schlug. Nur die Presse fragte sich: Was ist in Contreras Torres gefah-
ren, dass er sich mit solcher Schwármerei auf die Seite der Imperiali-
sten begibt? Nie hatten in Mexiko Zweifel geherrscht, dass der ihnen
aufgedrüngte Kaiser zu Recht umgebracht worden war und dass Jua-
rez im Namen des Volkes gehandelt und die Urteilsvollstreckung daher
nichts von einer Greueltat an sich hatte. Und weiter fragt sich etwa der
Journalist Luz Alba: «Hat Contreras Torres die Figur Maximilian nur
deshalb so überhóht, um seiner Frau Medea de Novara einen Gefallen
zu tun, weil sie Ósterreicherin ist?» Schelmisch meint der Filmdoku-
mentarist Riera dazu: «Luz Alba hat natürlich recht, nur dass Cont-
reras' Frau eine gebürtige Liechtensteinerin und nicht Ósterreicherin
ist. Und den Imperator konnte er nicht überhóhen, weil er viel kleiner
war als sie. Der kubanische Darsteller Enrique Herrera ist von
schwüchlichem Wuchs, hat eine monotone Stimme und einen falschen
Bart. Dennoch konnte Contreras Torres annehmen, dass der Film
gefiel — drei weitere Verherrlichungen Maximilians und Carlotas
bestätigen es: 1937 folgen «La palomo» («Die Taube»), 1939 «La empe-
ratriz loca» («Die wahnsinnige Kaiserim) und 1943 «Caballeria del
imperio» («Die Kaiserliche Kavallerie»).»*
«Die Leute konnten nicht genug bekommen von der Geschichte»,
meint Frau Kindle de Contreras Torres heute dazu.
Der detektivische Luz Alba spürte im Film «Juarez y Maximiliano»
noch andere Kleinigkeiten auf: «Carlota war Belgierin, sollte deshalb
mit franzosischen Akzent sprechen, aber Novara spricht mit deut-
schem Akzent. Dagegen spricht Maximilian, der Ósterreicher war, mit
franzósischem Akzent.»" Den Kritikern scheint der Erfolg des Filmes
in den falschen Hals gerutscht zu sein, denn ein anderer stánkert:
«Henrique Herreras hat in spáteren Filmen nie mehr die Komik
erreicht, wie er sie unfreiwillig in diesem Streifen zutage brachte. In
einer Szene gibt es einen Ball im Palast, und er fragt seine Kaiserin:
«Wollen wir tanzen, Carlota?» Zum Glück bleibt es uns erspart, sie
tanzen zu sehen.»*
Trotz einiger solcher Lácherlichkeiten lóste der Film auch bei Kriti-
kern Erstaunen aus: «Dieser Streifen ist die serióseste Seite, die über
100 Biographische Beitráge