aufzugeben. Die strohbedeckte Hütte bestand aus drei Zimmern, die
Adelina Heeb mit Vorhängen an den Fenstern, Teppichen auf dem
Boden und Pelzdecken auf den Betten wohnlich herrichtete. In dieser
Hütte gebar sie während eines Schneesturms im Februar 1913 ihr
erstes Kind, Maria Adelia. Einzig eine Nachbarin stand ihr zur Seite,
einen Arzt gab es in der Gegend nicht. Maria Adelia war das erste
weisse Kind, das in der Umgebung von Glenbush geboren wurde.?
Im Mai des gleichen Jahres ereignete sich eine Tragódie: Wilhelm
Heeb, der schon den ganzen Winter über bettlágerig gewesen war,
erlitt, während er alleine mit einem Boot auf dem kleinen See hinter
der Hütte fuhr, eine Herzattacke und ertrank. Sein Leichnam wurde
erst nach einigen Tagen gefunden und in North Battleford auf dem
katholischen Friedhof beerdigt.* Als Adelina Heeb im Mai 1914 ihr
zweites Kind zur Welt brachte, erhielt es nach seinem Onkel den
Namen William.
Ludwig Heeb ging nun daran, ein zweigeschossiges Haus zu bauen.
Seine Tochter berichtet, dass ihrem Vater unglücklicherweise jede Er-
fahrung darin fehlte. So waren weder Türen noch Fenster des neuen
Hauses sturmsicher, was unliebsame Überraschungen zur Folge haben
sollte.55 Doch 1916 schrieb Ludwig seinem Freund Ulrich Ohri nach
Nebraska stolz über seine neue, schón eingerichtete Farm, von guten
Ernten und guten Preisen, die dafür bezahlt wurden. Sein neuerdings
prosperierendes Leben stand im Gegensatz zu den Vorgángen in Euro-
pa, wo der Erste Weltkrieg tobte. Durch die Schwester seiner Frau war
Ludwig Heeb über die Vorgánge im Krieg bestens unterrichtet. Er
nahm innerlich teil am «Blutvergiessen» und «Kanonendonner» in
Europa, bemerkte aber erleichtert, dass in seiner alten Heimat Liech-
tenstein niemand an Hunger leide, «obwohl Schmalz, Butter und Óhl
rahr» seien. Seine heimatliche Verbundenheit belegt seine, eine gewis-
se Zwiespältigkeit erahnen lassende Bemerkung: «Wir haben Engli-
sche Nachbaren, doch wir sprechen nicht vom Krieg.»
Das Leben in Saskatchewan gestaltete sich als áhnliches Pionierda-
sein, wie es Johann Heeb seinerzeit in Nebraska erlebt hatte. So hatten
Ludwig Heeb und sein Schwager Jakob Meier andauernde Mühsal und
manche Rückschläge zu bestehen.”
In den kalten Wintern tobten Schneestürme, manchmal so früh,
dass es den Männern nicht mehr gelang, genug Futter für das Vieh ein-
zubringen und viele Tiere an Hunger starben. In Jahren mit frühem
Frost reduzierte sich die Roggen- und Haferernte in bedenklichem
Ausmass. Wenn deshalb die Lebens- und Futtermittel knapp waren,
wurden Mensch und Tier besonders anfällig für Krankheiten. Ludwig
Heeb klagte in dieser Zeit immer wieder über seine schlechte Gesund-
heit: Neben Rheumatismus und Grippe plagten ihn schlechte Zähne,
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