rat zwischen Cousins im Staate Indiana nicht erlaubt war, gingen wir
nach Michigan. Paul Batliner begleitete uns. Es war der 14. Jänner
1885. Wenn ich an diese Heirat denke, kann ich ein Lachen nicht
unterdrücken. Ich verstand kein Englisch, sagte «Yes», wenn man es
vor mir forderte und <«No> ebenso. So wurden wir getraut. Die Heirats-
urkunde, die besagte, dass wir <husband and wife> sind, wurde mir
nach unserer Unterschrift sofort übergeben. Das geht schnell hier mit
dem Heiraten, das kann ich Ihnen versichern.»!**
Die Familie in Frankreich begrüsste die Hochzeit, von der sie zum
Teil erst einige Jahre später erfuhr: «Mein lieber Cousin und Schwager
Martin! —- Ich war sehr glücklich von Deiner Heirat zu erfahren.
Marthe hat es mir gesagt und mir damit grosse Freude gemacht. In
diesem Schreiben an Aline möchte ich auch an Dich ein Wort richten
und Dir meine besten Wünsche als Cousin und Schwager zurück:
schicken. Es war Zeit, dass Aline sich entschieden hat, um uns allen
endlich das erste Beispiel zu geben. Es war Zeit, weil sie schon ein alte
Jungfer zu werden drohte. Ich wünsche Euch viel Glück, dass Ihr
Erfolg habt und dass du eine feste Stelle hast; weiters wünsche ich dir,
dass du an einen Chef gerätst wie den meinen, der mich an meinen
guten Vater erinnert.»""®
Die Ehe war damals keine reine Privatsache. Wohl mass man der
Beziehung der Gatten zueinander, anders als in vorausgehenden Gene-
rationen, eine zentrale Rolle bei. Dass die Eltern und Verwandten aber
ein wichtiges Wort bei einer Eheschliessung mitzureden hatten, war
für Aline und für ihr familiäres Umfeld eine Selbstverständlichkeit. Als
Aline mit zwanzig Jahren einen Offizier heiraten hatte wollen, war die-
se Beziehung am Einspruch der Eltern des Bräutigams gescheitert.!!”
Ihre Schwester Marthe machte der Mutter einen Vorwurf, dass sie
nicht früher etwas gegen ihre geplante und später geplatzte Hochzeit
gesagt hätte. Ihr Bruder Gustave fragte Aline, was er zu den Heirats
absichten des Bruders Emile sagen solle, da er die Familie der Frau ja
nicht kenne. «Emile schrieb mir letztes Mal, dass er beabsichtigt, sich
zu verheiraten und dass das noch im Juni stattfinden werde. Was
willst Du, dass ich ihm sage? Er ist der Ältere, er muss wissen was er
da macht. Ich glaube nicht, dass ich ihm in dieser Angelegenheit, Rat-
schläge geben kann. Noch dazu kenne ich seine Zukünftige gar nicht.
Ich habe sie gesehen, aber zu beurteilen wie sie ist, wird mir schwer-
fallen.»118
Der jüngere Bruder war ratlos in dieser Situation. Der verstorbene
Vater hatte eine Lücke hinterlassen, wodurch die tradierte Plazie-
rungsfunktion der Familie nicht mehr im selben Mass gegeben war.
Die Geschwister hatten diese Rolle zu übernehmen und die materiellen
Voraussetzungen zu prüfen, was in unterschiedlichem Mass zum Tra-