Die Heirat
Aline und Martin kannten sich aus Briefen schon seit mehreren Jah-
ren. Von dieser Korrespondenz wusste auch Martins Bruder Albert,
der sich bereits in Amerika befand.'° Martin war von der Cousine und
ihren schulischen Erfolgen so angetan, dass er seinem Bruder darüber
berichtete. Durch den Aufenthalt von Aline in Liechtenstein vertiefte
sich das Nahverhältnis zwischen den beiden. Es war Martin, der aus
seiner Zuneigung kein Geheimnis machte. Seine vereinnahmende
Liebe zeigt sich in den Briefen an Aline: «Zausend Küsse von deinem
Srgebenen, der nur für dich lebt, Dein Martin».
Im Frühjahr 1884, als Aline sich in Wien befand, war die gemein-
same Reise nach Amerika schon in ein recht konkretes Stadium ge-
-ückt. Martin kümmerte sich fürsorglich um die Rückfahrt von Aline
aus dem Osten Österreichs und schrieb ihr umständlich die bestmögli-
»hen Zugsverbindungen zwischen Wien und Lindau auf. Er organisier-
te auch den Verkauf des Grundstücks in Schaanwald, das sie von Onkel
Philipp bekommen hatte. Voll Selbstvertrauen notierte er, dass er sich
von der Familie nichts vorschreiben liesse: «Wir fahren, wenn wir
dazu bereit sind.» Die Rollen innerhalb der Paarbeziehung waren klar
verteilt. Der Mann hatte zu entscheiden: «Wenn ich es nicht gut für uns
finde, bleiben wir nur zwei oder drei Tage, um unsere Verwandten zu
besuchen.»!!°
Die Mutter von Aline war jedoch von der Verbindung der beiden
nicht begeistert. Sie schrieb an die noch in Wien Dienst tuende Aline:
«Das Gerücht kursiert in Vagney, dass du dich mit deinem Cousin ver-
heiraten wirst. Ich weiss nicht, wer das ausposaunt hat, aber es macht
nichts. Wenn man mich oder Emile fragt, sagen wir immer, wir wissen
es nicht, wir hätten es aber sicher vor jedem anderen Menschen erfah-
ren.»!!! Martin erfuhr von den Bedenken der Mutter und schrieb des-
halb an Aline, dass er veranlassen wolle, «dass du am Sonntag bei dei-
ner Mutter bist, wenn sie es unbedingt haben möchte, dass du nicht
mehr länger bei uns bist.» Er würde sie nur bis Einsiedeln begleiten,
«wenn schon alle wünschen, dass wir uns noch einmal trennen ... ich
mag es nicht, dass wir uns noch einmal trennen ... Beruhige deine
Mutter, damit auch ich ruhig sein kann, anstatt immer noch verrückt
zu sein, wenn alle gegen mich sind oder gegen uns beide.»""“
Alle aber waren nicht gegen sie. Alines Schwester Marthe hatte von
der Zuneigung der beiden Cousins zueinander, sowie von deren Aus-
-eiseplänen erfahren. Sie schlug vor, dass Aline und Martin in Frank-
„eich heiraten sollten. Die Amerikareise aber sollten sie bleiben las-
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Ein Nachbar von Martin, der Schmied David Meier in Mauren,
unterstützte seinen Freund ebenfalls. Er erinnerte sich nach dreissig