Als der Berner Hauptmann von May deshalb im Mai 1820 dem
Oberamt in Vaduz «eine Einladung für Kolonisten nach Nordamerika»
übermittelte und darum ersuchte «zur Unterstützung des Colonisten-
werbens beizutragen», lehnte das Oberamt das Ansuchen «als dienst-
wiedrig» ab.”
Die strengen Vorschriften bewirkten, dass die Auswanderung in
den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts äusserst gering war. Wer
zu Hause keine Arbeit fand, zog es vor, als Saisonarbeiter in die Frem-
de zu ziehen. Daneben kam es aber sicher auch zur heimlichen Aus-
wanderung - wie etwa im Fall des bereits erwähnten Joseph Batliner
aus Schellenberg, der in der ersten Hälfte der dreissiger Jahre nach
Amerika reiste, oder im Fall des aus der gleichen Gemeinde stammen-
den Johann Heeb, der sich 1838 einen Reisepass und einen Heimat-
schein zur Reise «nach der Schweiz, Frankreich und Deutschland»
ausstellen liess. Die nächste Spur von Johann Heeb findet sich in der
Ortschaft Troy, wie die neue Heimat Batliners im Süden von Indiana
gelegen, allerdings rund fünfzig Meilen weiter westlich von Floyds
Knobs.?? Nichts bekannt ist auch - um ein weiteres Beispiel zu nennen
- über die Auswanderung von Lorenz Marxer aus Planken, der sich
1843 in Highland (Illinois) niederliess, einer Siedlung, die schon zuvor
zahlreiche Schweizer Familien angezogen und deshalb den Beinamen
«Neu Schweizerland» erhalten hatte.??
Das Auswanderungspatent von 1843
Die starke Zunahme der Bevölkerung in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts führte zu einem Umdenken in der Auswanderungspolitik.
Am 15. Januar 1843 erliess Fürst Alois II. ein neues Auswanderungs-
patent.**
Die Auswanderung war nun nicht mehr grundsätzlich verbo-
ten, aber nach wie vor an eine Bewilligung des Oberamts geknüpft.
Eine auswanderungswillige Person hatte in ihrem Gesuch nachzuwei-
sen, dass sie «selbständig sei, und in freier Ausübung ihrer Rechte
sich befinde», der Militärpflicht genügt habe und der Auswanderung
auch keine anderen öffentlichen Verpflichtungen entgegenstehen (8 3).
Zuständig für die Bewilligung war das Oberamt; in Fällen, in denen
der Auswanderer nicht Bauer war, über ein Vermögen von mehr als
300 Gulden verfügte, militärpflichtig war oder wenn mehrere Familien
gleichzeitig das Land verlassen wollten, so hatte das Oberamt die Hof-
kanzlei in Wien einzuschalten, «welche die amtlichen Anträge gut-
ächtlich erledigen wird, und wornach sohin das Oberamt über das
Auswanderungsgesuch zu entscheiden hat» (8 4). Das Abfahrtsgeld
blieb in der Höhe von zehn Prozent, wobei der Betrag je zur Hälfte
zwischen Land und Gemeinde aufgeteilt wurde (S 6). Unbefugte Aus-
wanderung blieb verboten (S 7), Auswanderer verloren «die Eigen-
20 Auswanderung im 19. Jahrhundert