X. Die Auswanderung nach dem Zweiten Weltkrieg
«Wie man hört, sind einige Liechtensteiner, die vor Jahren nach Über-
see ausgewandert sind und noch viele Verwandte, Bekannte und
Freunde im Lande haben, als dortige Bürger zum Kriegsdienst einge-
zogen worden, und einige davon sollen schon auf europäischen
Kriegsschauplätzen eingesetzt sein. So hört man, dass Otto Hasler aus
Eschen, Sohn des Franz Josef Hasler, in Italien kämpfen soll, ferner
Karl Wohlwend aus Schellenberg, Sohn des verstorbenen Oberlehrers
Wohlwend, soll sich in deutscher Kriegsgefangenschaft befinden und
Rudolf Goop, ein Bruder des Dr. Goop, soll ebenfalls im Felde
stehen.»?
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die Auswande-
rungswelle, die am Ende der dreissiger Jahre ohnehin abgeklungen
war, gänzlich gestoppt. In den Kriegsjahren von 1939 bis 1945 ist kei-
ne einzige Auswanderung in die USA registriert. Angesichts der Ent-
wicklungen im In- und Ausland galt die Sorge dem Überleben Liech-
tensteins als Staat —- aber auch jenen Verwandten, Bekannten und
Freunden, die als amerikanische Soldaten auf den Kriegsschauplätzen
Afrikas und Europas im Feld standen. Ihre Zahl ist leider nicht be-
kannt; deshalb können an dieser Stelle zusätzlich zur obenstehenden
Zeitungsnachricht nur einige wenige Beispiele erwähnt werden.
Eugen Büchel, kurz vor Kriegsausbruch von Balzers nach Milwau-
kee ausgewandert, war mit der 94. Division in der Normandie und in
Deutschland, wo er zeitweise als Übersetzer im Stab von General Pat-
ton eingesetzt war. Für seinen Militärdienst, den er als Liechtensteiner
leistete, erhielt er nach dem Krieg die amerikanische Staatsbürger-
schaft. Sein Bruder Josef nahm als Angehöriger der 28. Infanteriedivi-
sion an der Ardennenschlacht teil.®®®
Walter Wolfinger, 1928 von Balzers ausgewandert, meldete sich als
Freiwilliger zur Navy und war zweimal mit Geleitzügen in Russland,
ainmal in Murmansk und einmal in Odessa.
Hansjörg Nagel, 1929 von Mauren nach Chicago ausgewandert,
kam in den Jahren 1942 bis 1945 als Dolmetscher mit der 5. US-
Armee über Nordafrika und Italien bis nach Innsbruck. Sein Gesuch,
von dort aus Mauren zu besuchen, war bereits bewilligt, als seine Ein-
heit überraschend nach Amerika zurückverlegt wurde. Der verscho-
bene erste Heimatbesuch kam erst 1978 zustande.*®
Mehr Glück hatten in dieser Hinsicht der bereits erwähnte Eugen
Büchel oder etwa Fidel Nutt und Konrad Sele, die als Angehörige der
amerikanischen Streitkräfte in Liechtenstein weilten und in ihren Uni-
formen für Aufsehen sorgten.
Die Auswanderung nach dem Zweiten Weltkrieg
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