Volltext: Nach Amerika!

Auch Handwerk und Gewerbe profitierten vom Aufschwung der 
Industrie; neue Gewerbezweige fassten Fuss, bestehende erstarkten. 
Hatte man 1866 noch 333 Gewerbebetriebe gezählt, so stieg ihre Zahl 
bis 1914 auf 710.** Und in der Landwirtschaft, die im 19. Jahrhundert 
noch die fast ausschliessliche Erwerbsquelle der Bevölkerung bildete, 
begann sich um die Jahrhundertwende jener Trend abzuzeichnen, der 
‘ünfzig Jahre später als Übergang vom Agrar- zum Industriestaat in 
die Geschichte einging: 1861 hatte es in Liechtenstein noch 1’208 
hauptberufliche Landwirte gegeben, kurz vor Ausbruch des Ersten 
Weltkriegs zählte man nur noch 740.5 
Amerika wehrt sich gegen zu hohe Einwanderung 
Der wirtschaftliche Aufschwung hatte nicht nur Liechtenstein, sondern 
auch weite Teile Europas erfasst. Als Folge ging der Einwanderer- 
strom aus Mitteleuropa zurück und verlagerte sich zunehmend auf die 
ost- und südeuropäischen Länder. Im Jahr 1905 überstieg die Zahl der 
Einwanderer in den USA erstmals die Millionengrenze, ein Phänomen, 
das sich bis 1914 noch fünfmal wiederholen sollte. Erst mit dem Aus- 
druch des Ersten Weltkriegs ging die Zahl der Immigranten wieder 
stark zurück. 
Viele Amerikaner waren überzeugt, dass diese massive Einwande- 
rung für das Land schädlich sei. Dabei war nicht einmal die hohe Zahl 
der Immigranten ausschlaggebend für die Abwehrhaltung, sondern 
ihre Fremdartigkeit in Sprache, Sozialverhalten, Arbeits- und Lebens- 
gewohnheiten.*!® Es wurde eine Liga zur Beschränkung der Einwan- 
derung ins Leben gerufen, die nach Mitteln und Wegen suchte, die Ein- 
wanderung einzudämmen. Auch die Politiker empfanden die Situation 
zunehmend als problematisch. In der Folge setzte der Kongress einen 
Untersuchungsausschuss ein, um das Problem der Einwanderung kri: 
tisch zu durchleuchten. Der 1911 veröffentlichte Bericht umfasste 42 
Bände und versuchte anhand von umfangreichen Statistiken und 
Untersuchungen wissenschaftlich nachzuweisen, dass die «neuen» 
Zinwanderer aus Süd- und Osteuropa den etablierten Migrantengrup- 
pen aus dem Norden und dem Westen rassisch und kulturell unterle- 
gen seien. Der Bericht bildete die Grundlage, die bereits in den achtzi- 
ger und neunziger Jahren erlassenen Einwanderungsbeschränkungen 
weiter zu verschärfen.*! 
Ab 1917 hatten Einwanderer im sogenannten Analphabetentest 
ihre Lese- und Schreibkenntnisse unter Beweis zu stellen. Ausserdem 
wurde die Einwanderung aus dem asiatisch-pazifischen Raum unter- 
bunden. 1921 erliess der Kongress das erste Quotengesetz: Jedes Land 
arhielt eine Höchstzahl von Einwanderern zugeteilt, die auf drei Pro- 
zent der im Jahr 1910 aus dem jeweiligen Land bereits in den USA 
Ir 
Auswanderung im 20. Jahrhundert
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.