Belieben zu verfügen. Ich möchte euch demnach hier auf das ernsteste
daran erinnern u. auf das heiligste mit der Bitte betrauen, mir so
schnell als möglich darüber aufs gründlichste Unterricht zu geben, auf
welche Weise es sich thun liesse, dass Ihr freie Hand darüber haben
würdet u. nach Euerem Gutdünken benutzen könntet. Wenn eine Voll
macht aus meiner Hand nothwendig seyn sollte, so müsst Ihr mir
schnell u. aufs genaueste mitteilen, wie dieselbe ausgestellt u. von
welchen Beamten die Unterschrift tragen sollte. Ich dürfte es in die-
sem Augenblicke wagen, den Versuch mit einer derartigen Vollmacht
zu machen, wenn ich 1. nicht fürchten würde, einen vergeblichen
Schritt zu thun; u. 2., wenn nicht, um alle nöthigen Unterschriften zu
erhalten, einige Thaler notwendig wären, die ich leider nun nicht
besitze. Denn Geld liegt nun einmal nicht in meiner gegenwärtigen
Hand. Und wenn Euer Schreiben dahin lauten solle, dass meine Voll:
macht mit Unterschriften versehen sein müsste, so müsste ich euch
bitten, Euerem Briefe einige Thaler beizulegen. - Dreiundsiebenzig
Jahre trage ich bis zur Stunde auf meinem Haupte u. dass diese nicht
mehr im Stande sein können, zu verdienen u. dass ich zufrieden sein
muss, mein Brod für das Alter zu haben, das liebe Kinder, könnt Ihr
Euch vorstellen. Darum lege ich auch noch die Bitte bei, der Mutter,
die schon so lange im Grabe liegt, daraussen in Euerer Heimat für
einen Grabstein zu sorgen; denn so gerne ich dafür Sorge tragen wür-
de, so könnte ich es doch nicht, weil das Schicksal mir nun einmal die
Hand dazu genommen. Sollte Euere Zärtlichkeit so weit gehen, auch
für mich nach meinem Tode, ein Zeichen der Erinnerung auf das Grab
zu legen, so müsste dies allerdings in der alten Heimat geschehen;
denn hier kümmert sich um den irdischen Hingang kein Mensch mehr
nach Einem. - Meine theuren Kinder, ich hoffe, Ihr werdet meine Bit
ten nicht unerfüllt lassen u. Euerem greisen Vater recht bald mit einer
Antwort erfreuen; es wird Euch ja nicht schwer fallen, es zu thun u. es
soll ja Euch u. nur Euch allein von Nutzen sein. Nur Ihr allein sollet
ja das Recht haben, von der Vollmacht Nutzen zu ziehen u. lasset
Euch durchaus nicht von dem Gedanken belauschen, dass ich Euch
betrügen möchte. Richtet all meinen früheren Bekannten die herzlich:
sten Grüsse aus u. befleissigt Euch der Rechtschaffenheit u. Treue.
- Meine herzlichsten Grüsse an Euch alle, Euer Vater. - Franz Joseph
Brunhard.»“
Ob die in Balzers verbliebenen Töchter des Vaters Bitten erfüllt
haben, ist nicht bekannt. Es scheint sich aber um dessen letzten Brie’
gehandelt zu haben; da über sein weiteres Schicksal nichts in Erfah-
rung gebracht werden konnte, wurde Franz Josef Brunhart 1883 ge
richtlich für tot erklärt.?*
Auswanderung im 19. Jahrhundert