unterrichte.' Die älteste schriftliche Erwähnung des Werkes im 1658 erstell-
:;en Guardaroba-Inventar des Fürsten Karl Eusebius von Liechtenstein ent-
hält sich mit einer knapp umrissenen Beschreibung der inhaltlichen Aus-
legung: «Item ein Mansspersohn, der an einem Stokh lainet undt einen
Bogen in der Hand hat, bei ihme Cupido mit einem Bogen stehent.» Die
Identität Apollons schien wohl nicht gewiß, da er nur als «Mansspersohn»
bezeichnet wird. In Vincenzio Fantis 1767 verfaßtem Galeriekatalog heißt es
jedoch: «Apollo appoggiato ad un tronco con Cupido; statua antica di
bronzo».
Tietze-Conrat, die 1917 erstmals eine moderne Publikation zu den
Bronzen der Fürstlichen Sammlungen verfaßte, nähert sich der vorliegen-
den Gruppe mit feiner sprachlicher Einfühlsamkeit, ohne daß sie jedoch
Amor in untergeordneter Stellung zu Apollon sehen würde.? Und dazu gibt
2s auch keinerlei Anlaß. Im Gegenteil.
Amor war, wie wir schon wissen, unter den Göttern, und mögen sie
noch so erhaben gewesen sein, im Zweifelsfalle der stärkere, denn keine
Macht im Himmel und auf Erden widerstand der Liebe. Tatsächlich kam es
zwischen Apollon und Amor, wie wir wieder durch Ovid erfahren,? zu ei-
ner für den Größeren eher unrühmlichen Begegnung. Der wegen seines Sie-
ges über den Python stolz sich aufblähende Apollon sah einst den kleinen
Liebesgott die Sehnen seines Bogens spannen und sprach ihn an mit folgen-
den Worten: «Was willst du, loser Knabe, mit männlichen Waffen? Diese Zier
steht meinen Schultern an; kann ich doch dem wilden Tier und auch dem
Feind unfehlbar Wunden schlagen. Eben erst habe ich den Python, der mit
seinem giftigen Bauche so viele Morgen weit das Land bedeckte, mit zahl-
losen Pfeilen niedergestreckt. Gib du dich damit zufrieden, mit deiner Fak-
<el irgendwelche Liebeshändel anzustiften, und maße dir nicht meinen
Ruhm an!» Der so Gemaßregelte, ja Erniedrigte, blieb indessen die prompte
Antwort nicht schuldig: «Mag dein Bogen alles treffen, o Phoebus — meiner
trifft dich! Dein Ruhm ist um so viel geringer als der meine, wie alle Lebe-
wesen einem Gotte nachstehen.» Und schon wendete Amor seine Waffe ge-
gen Apollon, wobei er sich frech den Parnaß, den Sitz des Größeren, als Platt-
form seiner Tat erwählte. Zwei Pfeile aber verschoß er — einen aus Gold und
mit blinkend scharfer Spitze, der Liebe erregte und Apollon durch die Kno-
chen bis ins Mark drang; einen anderen aus Blei und mit stumpfer Spitze,
der Liebe vertrieb und Daphne, die schöne Nymphe, traf. «Sofort ist der eine
verliebt; die andere flieht schon vor dem Wort «Geliebte.»
Daß dieses Ereignis den Künstlern der Zeit Duquesnoys nicht fremd
war, zeigt ein Gemälde des Jan Boeckhorst, in welchem Amor, bewehrt mit
Köcher und Bogen, selbstsicher auf Apollon, der triumphierend seinen rech-
ten Fuß auf den tot am Boden liegenden Python stellt, zumarschiert, ob-
gleich er auch hier der sehr viel Kleinere ist.* Denn nicht die Körpergröße
entschied das «Duell» der beiden Götter, sondern allein die Wirkung ihrer
‚jeweiligen Pfeile. Jene des Apollon, die den Tod brachten, konnten dem un-
sterblichen Amor nicht schaden, doch jene des Liebesgottes, die dem Leben
zu seinem schönsten, wenngleich nicht immer ungetrübten Recht verhal-
fen, unterwarfen auch den stolzen Bezwinger des schrecklichen Ungeheu-
ars. «Wie leichte Stoppeln in Brand gesteckt werden, nachdem die Ähren