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hatte sieben Tóchter und sieben Sóhne,! die allesamt durch die Pfeile des
Apollon und der Diana den Tod fanden, weil Niobe sich frech ob ihres Kin-
derreichtums über Leto, die Mutter Apollons und Dianas, welche nur zwei
Kindern das Leben schenkte, erhoben hatte. Sowohl die Sóhne als auch die
Tóchter des Amphion und der Niobe waren in jugendlichem Alter, als sie
die Rache der Götter erlitten, und Diana traf die Mädchen beim Spinnen |
ım Königspalast, nicht irgendwo im Walde. Gleichwohl trägt das liechten- KM
steinische Gemälde den nach 1931 vergebenen Titel: «Niobe mit ihren Kin- nl
dern (im Wald) von Diana verfolgt». DaB Gefühle die beiden Frauen bewe-
gen, zeigt Wouters durch ihre vom Wind gebauschten Tücher, welche in ent-
gegengesetzte Richtungen weisen. In schöne und farblich auffällige Stoffe
ist die junge Mutter gehüllt. Sie könnten durchaus auf den Wohlstand ver-
weisen, welcher der Königsgattin nicht minder wichtig war als ihr Reich-
tum an Kindern. Auch scheint sich die demütig auf dem Boden Sitzende fle-
hend an die Göttin zu wenden, wobei das ältere Kind sich schutzsuchend an
ihren linken, ausgestreckten Arm klammert. Erbittet sie Schonung für die ihr
Verbliebenen? Erhört Diana ihre Bitte und läßt den Bogen sinken, der des-
halb auf kein Ziel gerichtet ist? Es gibt tatsächlich eine Überlieferung, nach
welcher zwei von Niobes Kindern verschont wurden — Amyklas, der Leto ein
Gebet dargebracht hatte, und Meliboia, die es ihrem Bruder gleichtat. Beide
bauten Leto schließlich einen Tempel.* Freilich stört erneut das kleinkindli-
che Alter der Dargestellten, und ohnehin muß diese Deutung des Gemäldes
ungewiß bleiben, denn der Wald paßt nach wie vor nicht ins Erzählgefüge.
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