Volltext: "Götter wandelten einst..."

55 Satyr und Nymphe 
55 
Ignaz Elhafen (1658-1715) 
Satyr und Nymphe 
‘ca. 1690-1700) 
Elfenbein; 15,5x 12 cm 
inv. Nr. S 570 
Erworben: vermutlich vor 1712 
durch Fürst Johann Adam Andreas I. 
Unter dem Blätterdach eines dickstänmigen Baumes, an dem trau- 
venschwerer Wein emporrankt, sitzt ein wohlgelaunter, bocksbeiniger Ge- 
selle mit Hörnern, Spitzohren und Ziegenbart. Er ist einer jungen Nymphe 
jeim Spiel der Flöte behilflich, das sie gerade erst erlernen mag. Seine 
Rechte gibt dem trichterförmig ausgestellten Instrument, welches den noch 
ıngeschickten Fingern des Mädchens zu entgleiten droht, den nötigen Halt. 
Seine Linke hingegen scheint aus der intimen Nähe des weiblichen Körpers 
greifbaren Nutzen zu ziehen. Der Wein macht auch hier, in bacchantischer 
xunde, die Sinne empfänglich für erotische Verlockungen. 
Einst hatte Athena aus den Knochen eines Steinbocks die Flöte erfun- 
den, doch als sie ihr vom Blasen entstelltes Gesicht im Spiegel einer Wasser- 
läche sah, warf sie das Instrument angewidert zu Boden. Marsyas, der phry- 
zische Satyr, hob es auf und fand Gefallen daran (siehe Nr. 16). Fortan wurde 
das Spiel der Flöte vorzugsweise mit den Satyrn in Verbindung gebracht und 
als niederes Vergnügen beurteilt. Ist aber das tiergestaltige Wesen tatsächlich 
zin Satyr,' oder betätigt sich Pan? hier, der sterbliche (!) Gott der Hirten, des 
Waldes und des Weidelandes, als musikalischer Lehrer mit triebhaftem Hin- 
:ersinn? Die Frage wird sich kaum beantworten lassen, denn die ursprüng- 
ich pferdefüßigen Satyrn wurden später mit Pan in Verbindung gebracht 
ınd hatten, wie dieser, von da an Bocksbeine. Beide liebten das Flötenspiel 
siehe Nr. 58), und beide standen dem Gott des Weines nah. Satyrn traten im 
Gefolge des Dionysos auf und jagten lüstern hinter Nymphen und Mäna- 
den her, die auch vor Pan nicht sicher waren. Als Hermes ihn stolz — er war 
‚a sein Vater — den olympischen Göttern bekannt machte, hatten sie alle 
Freude an ihm, «aber den bakchischen Gott Dionysos freut es am meisten: 
Dan, so nannten sie ihn, weil alle seiner sich freuten».* 
{gnaz Elhafen griff für seine Komposition, die er mehrfach variierte 
and auch zu einer Nebenszene umdeutete, auf eine Radierung Giovanni 
Zenedetto Castigliones (1609-1664) zurück.‘ Das abgebrochene Köpfchen 
der flötespielenden Nymphe wurde vermutlich in den dreißiger Jahren 
nachgeschnitzt.
	        

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