46 Herkules und Antäus
46
Giovanni Francesco Susini
{dok. 1610-1653)
Herkules und Antäus
{Florenz, Modell 1578)
Nach Giambologna (1529-1608)
Bronze; Höhe: 40,2 cm
Inv. Nr. S 559
Erworben: vor 1658 vermutlich
durch Fürst Karl Eusebius
Die Äpfel der Hesperiden aus dem von einem Drachen bewachten,
am westlichen Rand der antiken Welt gelegenen Garten der Juno zu holen,
war Herkules’ elfte Arbeit für den mykenischen König Eurystheus (siehe Nr.
15). Der seinem Auftraggeber zweifellos überlegene Heros tat dies nicht frei-
willig. In einem Anfall von Wahnsinn, den er Juno «verdankte», die ihn als
Kind ihres Gatten Jupiter mit Alkmene — einer fremden Frau also — zutiefst
haßte, tötete er alle seine Kinder. Als Sühne, so hatte das von ihm befragte
Delphische Orakel geraten, leistete Herkules dem Eurystheus schwerste
Dienste — jene insgesamt zwölf Arbeiten, deren Lohn die Unsterblichkeit
war.
Bevor Herkules nach Mykene zurückkehrte, um seinem Herren die
Äpfel zu überreichen, kam er durch Libyen, wo König Antäus, ein Sohn der
Gäa und des Poseidon (röm. Neptun), regierte. Dieser hatte die Gewohn-
heit, seine Gäste zu einem Ringkampf zu zwingen und schließlich zu töten.
Mit den Schädeln seiner Opfer schmückte er das Dach des Poseidontem-
pels.! Herkules kam wohl in der Absicht, diesem grausamen Treiben ein
Ende zu bereiten und nahm die Herausforderung zum Kampf an. Kaum aber
ging Antäus zu Boden, da stand er mit neuen und scheinbar unerschöpf-
lichen Kräften wieder auf. Herkules erkannte schnell, daß Gäa, die Erde, ih-
rem Sohn zu dieser Fähigkeit verhalf, sobald er mit ihr in Berührung kam.
Daher hob er seinen Gegner in die Luft empor, brach ihm die Rippen und
hielt ihn solange in die Höhe, bis er starb.”
Susinis Bronze geht auf einen Entwurf Giambolognas von 1578 zu-
rück, der in Zusammenhang mit einem Auftrag von sechs in Silber aus-
geführten Herkules-Darstellungen stand, den Francesco I. de’ Medici an den
florentinischen Bildhauer erteilte.” Erneut gestattete die Wahl des Themas
dem Künstler, seine Figuren dynamisch mit- und gegeneinander agieren zu
'assen. Erst im Umschreiten der Gruppe erschließen sich all ihre ästhetischen
und inhaltlichen Aspekte. Kraftvoll stemmt Herkules seinen Widersacher
nach oben, dessen gespreizte Gebärden ebenso qualvoll wie hilflos erschei-
nen. Es gibt kein Entkommen aus der Umklammerung. In den Gesichts-
zügen des Antäus kündigt sich, über den schon unerträglichen Schmerz hin-
aus. der Tod durch Erdrücken an.
47 Herkules und Omphale
47
Peter van Lint (1609-1690)
Herkules und Omphale
(1642)
Leinwand; 136,4x 166,3 cm
Bezeichnet unten rechts: P-V.L.EAo
1642
Inv. Nr. G 149
Erworben: vermutlich durch
Fürst Alois I.
Herkules durchlebte alle Höhen und Tiefen einer menschlichen,
nicht selten allzu menschlichen Existenz. Trotz vieler guter Eigenschaften
durchkreuzte ein immer wiederkehrender Jähzorn sein Wirken, der freilich
in dem Haß, den Juno gegen ihn hegte (siehe Nr. 46), seine schicksalhafte
Ursache haben konnte. Als er, bar jeglicher Selbstbeherrschung, Iphitos, den
Sohn des Königs von Oichalia, tötete, ließ ihn das Delphische Orakel wis-
sen, daß er nur geheilt werden könne, wenn er sich für ein ganzes Jahr in die
Sklaverei verkaufe und den für ihn bezahlten Kaufpreis den Söhnen des Iphi-