Triesenberger Mädchentracht
die damit zu tun haben, wenn auch
teilweise verändert, doch sehr le-
bendig geblieben. Nicht unerwähnt
bleiben dürfen die Bräuche im All-
tag, wie beim Essen und Trinken, in
der Kleidung, der Tracht, beim
Wohnen, Bauen. Aber auch die
neuen Bräuche am Arbeitsplatz, die
Zeichen und Regeln der Gemein-
schaft, wie bei Gruss und Gespräch
sowie Geselligkeit, als auch die
Zeichen am Wege und die Bräuche
in der Beziehung zwischen Gott
und Mensch, sind vielseitig und von
grossem Reichtum.
Brauchtum und liechtenstei-
nische Identität
Mehrere Faktoren prägten das liech-
tensteinische Brauchgeschehen der
näheren Vergangenheit entschei-
dend. Die Bedrohung während des
Zweiten Weltkrieges führte zu einer
ausgeprägten liechtensteinischen
Landesidentität, die ständige Resi-
denz des Fürstenhauses ab 1938/
39 verstärkte und symbolisierte
diesen Zusammenhalt. Schliesslich
führte die massive Industrialisierungs-
welle nach dem Zweiten Weltkrieg
zu vollkommen neuen Lebensbedin-
gungen und damit zum Verschwin-
den von nicht mehr lebensfähigen
Bräuchen.
Wer sich eingehender mit dem
Brauchtum befasst, wird aber mit
Staunen gewahr, wieviel von den
Schönheiten und dem Reichtum
dieses Kulturgutes uns erhalten
geblieben oder neu hinzugekom-
men ist, und wie reich und mannig-
faltig sich unser Brauchtum im kirch-
lichen und alltäglichen Leben im
Ablauf des Jahres entfaltet. Man
stellt auch fest, welch wichtigen
Bestandteil unserer liechtensteini-
schen Identität dieses Brauchtum
darstellt.
Es geht auch in Liechtenstein aber
nicht darum, längst verlorengegan-
genes, zwar wertvolles, aber durch
den. Wandel in der Gesellschaft
nicht mehr vollziehbares Brauchtum
aufrechtzuerhalten. Auch das
Brauchtum ist einem steten Wandel
unterworfen und neue Formen des
Volkslebens drängen zur Gestalt-
werdung und werden heute als
“Bräuche” empfunden. Die Klage
über das Verschwinden alten Brauch-
tums verdeckt hie und da die Sicht
auf das neu Hinzugekommene.
Ähnlich und doch im Detail
anders :
Liechtenstein liegt im Herzen Euro-
pas - im Durchgangsland zu den
Alpenpássen, an der alten Heer-
strasse vom Bodensee zum Mittel-
meer. In Liechtenstein sind die
Grenzen eng und nah. All das bringt
mit sich, dass die meisten in Liech-
tenstein gepflegten Brüuche nicht
liechtensteinisch originär sind und
sein kônnen. Der Grossteil von ih-
nen ist auch im benachbarten ôster-
reichischen Vorarlberg und in den
schweizerischen Kantonen St. Gal-
len und Graubünden - teils weiter
darüber hinaus-ühnlich oder gleich
zu finden. Dennoch entdeckt man
im Detail doch so manches, was in
Liechtenstein anders abläuft als
anderswo. Liechtenstein versucht,
die natürlich und geschichtlich
gewordene Eigenart auch im Brauch-
‘tum zu erhalten und zu pflegen.
Bräuche bringen Würze, Spannun-
gen und Reichtum in den Lebens-
und Jahreslauf sowie in den Alltag :
unseres Daseins.
Liechtenstein ist zudem ein souverà-
ner Staat, ist eine Monarchie auf
demokratischer und parlamentari-
scher Grundlage, im Gegensatz zu
unseren Nachbarn, die Republiken
sind. Allein dadurch ergibt sich
schon ein ganz speziell liechtenstei-
nisches Brauchtum.
Auch in anderen Bereichen kennen
wir Bräuche, die es so nur bei uns
gibt, wie etwa die "Alpabfahrtsher-
zen", die "Hochzeitspforte" und
manch anderes.
Brauchtum pflegen ist Gemeinschaft
pflegen und solange die Liechten-
steiner fühig sind, mitten in den
Drangsalen und Gefährdungen
unseres Lebens sich an solchen
Dingen zu freuen, wie an den schö-
nen weltlichen und religiösen Bräu-
chen, wird dies uns helfen mit den
Problemen unseres Lebens besser
fertig zu werden.
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