schierenden Gegner drohten zu handfesten Zusammenstössen zu eskalieren. Das
besonnene Auftreten der führenden Personen auf beiden Seiten verhinderte das
Schlimmste. Zur Entschärfung der Lage trug auch die Nachricht bei, dass in der
Person des Prinzen Karl von Liechtenstein ein fürstlicher Vertreter das Amt des
Landesverwesers übernehmen werde. Prinz Karl traf am 6. Dezember in Vaduz ein.
Bereits tags darauf wurde Dr. Ritter von der Mehrheit des Landtages «geopfert»,
wie die Oberrheinischen Nachrichten berichteten. Ein Neun-Punkte-Programm, in
den Tagen vom 6.—9. Dezember 1918 ausgehandelt, enthielt wesentliche Zuge-
stándnisse an die Forderungen bezüglich der Ausweitung der Volksrechte. Dies be-
deutete einen weiteren Schritt hin zur momentanen Normalisierung der Lage.
Die Entwicklung in den vier Wochen nach dem 7. November hatte klar gemacht,
dass der Schritt der Verantwortlichen über den verfassungsmássigen Rahmen
hinaus nicht die erhoffte Unterstützung der Mehrheit des Volkes gefunden hatte. Die
fehlende Legalitát konnte nicht durch das Argument der Legitimitát der Volksmehr-
heit begründet werden.
So kônnen die Vorgánge vom 7. November als ein teilweise verfassungswidriges
Aufbegehren — der Begriff «Revolution» würde dem Vorgang nicht gerecht werden
— gegen verkrustete, reformbedürftige Verfassungsinhalte bezeichnet werden. Von
berechtigtem Reformeifer und persónlichem Ehrgeiz angetriebene Protagonisten
einer Ausweitung der Volksrechte und der Nationalisierung der Exekutive ver-
suchten das Rad der Geschichte zu beschleunigen, ohne aber den Wagen umwerfen
zu wollen.
Der ausgehandelte Kompromiss des Neun-Punkte-Programms war aber für den
Moment Erfolg genug und bot eine vielversprechende Basis für Verhandlungen über
eine Verfassungsreform.
1935
Union, deren Basis aus
den alten Volkspartei-Anhángern
bestand und an deren Spitze
neben den Heimatdienst-
Vorstandsmitgliedern Dr. Otto
Schadler und Dr. Alois Vogt
weitere aus der Volkspartei
herausgewachsene Person-
lichkeiten standen, wurde
der Heimatdienst schliesslich
aufgesogen.
Die zahlenmässig übermächtige
Volkspartei-Basis trug die
Aufgeschlossenheit und
sozialpolitische Ausrichtung in
der Union weiter. Das Volks-
partei-Stammgebiet Oberland
blieb mehrheitlich der Vater-
làándischen Union treu,
das Unterland blieb weiterhin
mehrheitlich im Lager der
Bürgerpartei.
Die «Liechtensteiner Nach-
richten» erhalten die
Bezeichnung «Liechtensteiner
Vaterland» und werden das
Blatt der Vaterlandischen Union
(28.12.).
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