Da Beck und seine Parteifreunde bereits mit anderen, früher eingebrachten An-
trägen keine Mehrheit im Landtag gefunden hatten, konnten sie sich kaum er-
hoffen, mit so fundamentalen Veränderungswünschen durchdringen zu können.
Warum unternahmen sie trotzdem diesen Vorstoss? Es kann vermutet werden,
dass die Volkspartei ihre grundsätzliche Politik, mehr Volksrechte durchzusetzen,
nach aussen demonstrieren wollte. Es könnte auch als taktisches Manöver ge-
plant gewesen sein, um die Reaktionen der Gegenseite, vor allem auch des
Landesverwesers, auf die Probe zu stellen. Oder war es eine kühl geplante
Aktion, um auf dem erwarteten ablehnenden Entscheid das weitere Vorgehen
aufbauen zu können?
Auf alle Fälle bereiteten Beck und seine politischen Freunde für die Landtags-
sitzung vom 7. November 1918 einen «Coup» vor.” Eine zentrale Rolle spielte
dabei der in Innsbruck ansässige liechtensteinische Rechtsanwalt Dr. Martin
Ritter. Zwischen Beck und Imhof hatte am 5. November 1918 eine Aussprache“
stattgefunden, bei der allem Anschein nach ein Abkommen getroffen worden
war: In der Landtagssitzung vom 7. November 1918 erklärte Imhof zur Über-
raschung der Uneingeweihten seinen Rücktritt. Der Landtag seinerseits sprach
Imhof sein Vertrauen aus, nahm aber den Rücktritt zustimmend zur Kenntnis
und wählte mit 12 Stimmen (die drei fürstlichen Abgeordneten sprachen sich
dagegen aus) einen Vollzugsausschuss als provisorische Regierung. Auf Vor-
schlag von Vizepräsident Fritz Walser wurde Martin Ritter zum Vorsitzenden des
Vollzugsausschusses gewählt. Ritter war für diese Sitzung von Innsbruck eigens
nach Vaduz gekommen, ein weiterer Hinweis auf die «wohlvorbereitete Aktion».
Beck wurde als einer der Landräte in die Regierung gewählt.
Der Ablauf der Aktion ging glatt über die Bühne, das Überraschungsmoment
wirkte. Einzig die drei fürstlichen Abgeordneten stellten sich dagegen. Die 0. N.
81 Siehe dazu Quaderer, November 1918.
82 So die Aussage der O.N. 48/1918.
1928
Alfred von Liechtenstein über-
nimmt provisorisch die
Regierungsgescháfte (21.6.).
Die Neuwahlen im Juli bringen
der Volkspartei einen schweren
Einbruch (15.7.).
Sie wird zunehmend politisch
und gesellschaftspolitisch
ausgegrenzt.
Eröffnung des Landtages und
Wahl der Regierung, Regierungs-
chef wird Josef Hoop (4.8.).
Im Dezember beklagt die Volks-
partei die ungesetzmässige
Zusammenstellung der
Regierung und der Verwaltungs-
beschwerdeinstanz. Die «Neue
Zürcher Zeitung» mutmasst,
ob die Bürgerpartei «die Dinge
rückwärts revidieren», den
Zollvertrag mit der Schweiz auf-
lösen und einen neuen mit
Österreich schliessen werde.
Es sei möglich, dass «die Bürger-
partei mit dem gesamten Werk
der Volkspartei tabula rasa»
mache. Die gegen Regierungs-
chef Gustav Schádler erhobene
Ministerklage, als shässliches
Spiel» bezeichnet, erbringt einen
Freispruch.
Einweihung der Pfälzerhütte
(5.8.).
Feier des 70jáhrigen Regie-
rungsjubiläums von Fürst
Johann Il. auf Schloss Vaduz
(17.10.).