1911
System, das mit der Verfassung von 1862 errichtet worden war. Die Person und
Art des Fürsten, der Einfluss der Kirche sowie die konservative Grundhaltung
und sozial mehrheitlich homogene Struktur der Bevölkerung und ihrer Vertreter
im Parlament waren massgebliche Gründe dafür, dass es in Liechtenstein vor
dem Ersten Weltkrieg zu keinen Parteibildungen kam.
Erst der epochale wirtschaftliche und politische Bruch, der als Folgeerscheinung
des Ersten Weltkrieges weltweit radikale Veränderungen nach sich zog, bewirkte,
dass auch in Liechtenstein nachdrücklich Forderungen nach wirtschaftlichen und
politischen Reformen erhoben wurden.
Im folgenden soll aufgezeigt werden, wie infolge der allgemeinen Umwälzungen
des Ersten Weltkrieges in Liechtenstein Gruppierungen entstanden, die verschie-
dene Interessenkreise vertraten. Neue Ideen begannen auf die bisher eher ruhige
politische Szene einzuwirken. Die neuen Kräfte verursachten Risse in der glatten
Oberfläche, die Expansion der neuen Gedanken rief eine spannungsgeladene
Atmosphäre in Liechtenstein hervor. Der Nährboden für die Entstehung von
Parteien war vorbereitet.
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u ohnbe-
. völkerung
4 af Liechten-
U H steins: 8020
Promotion
von Wilhelm Beck in Zürich
(6.5.). Als er in Vaduz ein
Gerichtspraktikum absolvieren
will, gibt ihm der damalige
Gerichtsvorstand aus Feldkirch
zu verstehen, dafür genüge
ein «Schusterdiplom» aus Zürich
nicht, es brauche ein richtiges
Studium!
Weihe der neuen Ruggeller
Kirche (19.5.).
Abkommen zwischen Liechten-
stein und Österreich über die
Ausgabe eigener Briefmarken
(4.10).
2.2. Die Kriegsjahre 1914 — 1918
2.2.1. Der 1. Weltkrieg und seine Auswirkungen
Der Auslöser für eine Veränderung der gegebenen Verhältnisse in Liechtenstein
kam von zwei Seiten, die zeitlich übereinstimmend eintraten:
Der 1. Weltkrieg und seine Auswirkungen
- Das Auftreten neuer liechtensteinischer Führungskräfte
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges zeigte, dass in Liechtenstein eine ungetrübte,
überschwengliche österreich- und deutschfreundliche Gesinnung herrschte.
Die gerechte Sache Österreichs und Deutschlands wurde propagiert, beide
liechtensteinischen Zeitungen gaben der Bewunderung Ausdruck, die man in
Liechtenstein für die siegreichen Heere der Mittelmächte hegte. Ein Komitee rief