vortrag, den Dr. Quaderer anlässlich einer Veranstaltung des Historischen Ver-
eins für das Fürstentum Liechtenstein zum 75-Jahr-Jubiläum der Schlossab-
nachungen am 24. September 1995 im Rathaussaal Vaduz gehalten hat. Die
Studie zeigt, wie heftig die Auseinandersetzungen gewesen sind, mit welcher
Dringlichkeit und Durchsetzungskraft die politischen Wünsche und Forderun-
gen vorgebracht wurden.
Der Quellenteil der Publikation umfasst neben den zu den Schlossabmachungen
gehörenden Dokumenten das «Programm der christlich-sozialen Volkspartei
! jechtensteins» vom Januar 1919. Es zeigt, wie belastend die bestehende Situa-
tion, wie gross die Wünsche und wie weitgespannt die Zielsetzungen waren.
Bezeichnend ist, dass die Volkspartei ein Motto aus der Feder des bedeutenden
Liechtensteiner Bürgers Peter Kaiser (1793-1864) — dem Historiker, Pädagogen
und Politiker der 1848er-Revolutionsbewegung im Fürstentum Liechtenstein —
vorausschickt: «Recht und Gnade sind erhabene Gegenstände; aber sie scheinen
einander zu fliehen; denn wo das Recht ist, will es keine Gnade dulden und wo
die Gnade waltet, da ist das Recht verwirkt».
Die Dokumente der Schlossabmachungen sprechen für sich selbst. Sie machen
deutlich, wie gross der politische Druck gewesen ist, unter dem die Vereinba-
rungen ausgehandelt und unterschrieben worden sind. Sie zeigen auch, dass
eine zielgerichtete, engagierte und volksnahe Politik auch unter schwierigen
Bedingungen verfolgt werden kann. Der hohe Einsatz der Volkspartei hat sich für
das Fürstentum Liechtenstein gelohnt: die demokratische Verfassung von 1921
wurde geschaffen, und neue zukunftsweisende Verträge mit der benachbarten
Schweiz konnten abgeschlossen werden. Das «Liechtensteiner Volk» war, wie es
die Volkspartei 1926 in einem Flugblatt plakativ umschrieb, zum «Träger des
Staatswillens» geworden, und aufgefordert, «selbst zu urteilen».