SO HERI
“Dr Sele Hansele” legitimierte seine Räusche auf eher
ungewôhnliche Weise. Normalerweise soll es sich ja-
wollen wir den träfen Sprüchen, Anekdoten und Re-
den der Bacchus-Söhne Glauben schenken — gerade
umgekehrt verhalten:
Ich hab kein Weib,
drum bin ich muff
und geb mich hin
dem stillen Suff.
(Nutt 1990, S. 85)
Eine sehr eigenwillige Vorstellung vom “Letzten
Gang” wird dem “Singeri” nachgesagt: “Dr schôôn-
schti Tood wär, inera Bôtti* voll Wy vrsuufa und im
Himmelbett vrwacha." (OspeltAmann, S. 89) Des
"Singeris" Lieblingslied soll gewesen sein:
Wenn das Atlantsche Meer
lauter Champagner wär
möcht ich ein Haifisch sein
schlürfen die Wellen ein.
(Ospelt-Amann, S. 31)
Ihre speziellen Vorlieben hatte auch die “Gitzibäsi”: “I
ha liaber dr Tiroler im Glas als i dr Hosa.” (mündlich
überliefert)
Wahrlich eine schöne Sammlung an Ur-Vaduzer
Weinweisheiten aus berufenen Mündern. Doch gibt
es auch eine grössere Anzahl an anonymen Sprüchen,
die es durchaus wert sind, an diesem Orte auszugs-
weise vorgestellt zu werden:
An nüachtera Maa hät ka Gfell.
(Nutt 1990, S. 89)
wenn der wenn net wädr
het i a fass foll wii im kháár
(Ospelt, S. 84)
Wyssa weer di,
Roota schpeer di,
sos simmer all drei am Boda
(Ospelt-Amann, S. 89)
Sowie die folgenden, die dem Verfasser dieses Artikels
mündlich zugetragen wurden:
aalta Wii
und jungi Wüber
sind dia schónschta
Zitvertriiber.
Nasenriten,
Haarebleichen,
über die Schuhe seichen,
sind drei schlechte Zeichen!
Sauf, bis deine Nase glüht
grad wie eim Karfunkel,
damit du eine Leuchte hast
in des Daseins Dunkel.
ma schwätzt no vom Suufa,
vom Dorscht seet niemert eppes
am Lümpli
ghoórt s Schtümpli
dia wórmschta Jáckli
sind Konjäkli
wenn Wasser wiissa Wii wär,
wo wetten Wiiber wiissi Windla wäscha?
Soweit die Gabe des Volksmunds, Vor- und Nachteile
des Weines und seiner Blutsverwandten in ein sprich-
wôrtliches Gewand zu packen. Natürlich muss eine
solche Sammlung unvollständig bleiben, fehlen doch
die Aufzeichnungen einer jüngeren Generation.
Aber wer weiss, ob in diesen ohnehin nicht viel eher
der “Cüpli”-Zauber und das Single-Malt-Fieber zele-
briert würden.
Die Beschäftigung mit dem Vaduzer Wein in der
heimischen Literatur, dem Liedgut und den
Redeweisen macht deutlich, wie bedeutend die Rolle
ist, die er und alles, was mit ihm in Zusammenhang
steht, im allgemeinen innerhalb der Werke unserer
Heimatdichter und -dichterinnen spielt. Überboten
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