Wenn der Ofen raucht,
Pfeif und Lampe schmaucht,
Und das Thermometer rasend fällt;
Wenn mit scharfem Blick
An des Rheines Brück
Der Zoll-Ober-Wachtmann Umschau hält;
Wenn auf Gams und Has’
Geht der Stutzen los
Und der Forschtner nur Lateinisch spricht,
Wenn der Sauerworm
Längst zu Most vergohrn
Und der Dichter dichtet solch Gedicht:
Dann ade ihr Drechsler,
Wurster, Krämer, Wechsler,
Färber, Gerber, Schneider meck, meck, meck,
Frohe SAUSER-Zeit
In VADUZ ist heut,
Dahin eil ich hurtig auf dem Fleck.
Teure Gattin mein,
Lass das Sorgen sein,
Vor dem Frühlicht hoff auf Wiederkehr;
Ist mein Gang auch schwer,
Weine nicht zu sehr,
Weil es schad um Deine Äuglein wär!
In einem ihrer bekanntesten Gedichte zeigt Ida
Ospelt-Amann, wie nahe aber unbeschwertes Glück
und Not, Geborgenheit und jähes Unglück beieinan-
derliegen. Was am Suusersunntig am 20. Oktober 1907
(Ospelt-Amann, S. 18) erst so fröhlich begann, en-
dete schliesslich in der Katastrophe des grossen Alta-
bach-Brandes. Im folgenden Ausschnitt beschreibt die
Dichterin das Szenario, in welchem ein solcher Fest-
‚ag so ausgelassen und heiter beginnen konnte:
.. Ida Törkl und Bötana* godlät dr Wy
so lau und so söffig, ladt zom Süüserla y.
Käär sind voll vom göttliga Säga
und d Lättli ir Deli kon dr Tötka bloos trääga.
Im Schtall sind Fäärli uf Kelbi gmäscht.
Ma ischt ufa Winter zom Läba gröscht.
Höt kond vyl Gäscht vo noo und vo färn,
zz hetten vom Suuser halt o aso gärn . . .
Ja, und wie diese Gäste aus nah und aus fern um die
Jahrhundertwende angereist kamen, erzählt Grete
Gulbransson in ihren Erinnerungen “Geliebte Schat-
ten — eine Chronik der Heimat”: “Im Nachbarländle
Liechtenstein gab es auch allherbstlich einen gewalti-
gen Magneten für die Jehlys, nämlich wenn der Suser
des unvergleichlichen Vaduzerweins im hohen Sta
dium war.
Da füllte die Familie Jehly schon im 6-Uhr-Morgen-
Zügle einen ganzen Wagen, denn damals war es noch
sehr umständlich, nach Vaduz zu gelangen.
Nach Vaduz, wo man zur Sauserzeit einmal sich
selbst und die schlechte Welt gründlich vergessen
konnte.
So wohlgesittet man auch auszog —, gemessene
Gestalten im Bratenrock —, schön am Spazierstock
den Schlossberg ersteigend —, so justament im gegen-
teiligen Gebaren ging’s dann am Abend den Schloss-
berg wieder hinab.
. Wer immer den Schlosshof zur Suserzeit betrat,
war auch schon stracks berauscht, wo er nur den er-
sten der ungezählten Becher an die Lippen setzte,
und gab sich in hemmungsloser Lust dem Zauber
diese Herbststrudels hin.
Man sass bis tief in die Nacht, des Oktobertau’s
aicht achtend, bis der grosse Bär mit verdächtig vie-
len Sternen und kurios krummer Deichsel über die
leise schwankenden Schlosstürme hinüberzuckte, bis
die vielen schillernd roten Doppelliter, in endloser
Kette aus den Gewölben des Schlosskellers heraufge-
schleppt, sich perlensprühend mit dem Füllhorn der
Milchstrasse vermengen wollten.
Die Gesänge der Zechenden widerhallten dröh-
nend im alten Gemäuer, es gor und brodelte der Hof
schliesslich gleich dem Suser im Fass.
Laut singend, Arm in Arm tanzte, hupfte und
wankte der feuchtfröhliche Zug der Gäste endlich den
Schlossberg hinunter und auf der Strasse zwischen
den Reben entlang gegen den Bahnhof von Schaan.
Das ganze nächtliche Liechtenstein widerhallte von
diesem Susergesang, - es tönte vom Schloss herab und
von der Strasse herauf —, bei jeder Wegbiegung
jauchzte es und auch der Bahnhof Schaan sang und
klang und rumorte wie ein Wirtshaus zur Kirchweih.