Volltext: Vaduzer Wein

Drum auf, ihr Brüder, lasst erklingen, 
kin Loblied zu des Herbstes Preis, 
Und wohl dem, der’s nicht nur zu singen, 
Der’s kräftig anzuwenden weiss! 
Ungleich ungeduldiger geht es schliesslich in der 
Herbst-Allegorie zu und her, dem grossen Festreigen 
(Musik von Severin Brender), der, unterstützt von 
Musikkapellen, Chören, Turnern und Turnerinnen, 
jeweils auf dem Festplatz im Bockwingert aufgeführt 
wurde: 
Winzer: Hurtig, lustig, frisch und munter, 
Marsch mit euch (die Traubenkinder) ins Fass hinein! 
In den Bottich schnell hinunter, 
Schnell, wir wollen endlich Wein! 
Damit der Wein aber erst gelingen kann, ist es not- 
wendig, den richtigen Zeitpunkt zur “Wimmlet”, den 
optimalen Tag zu finden. Hierzu liefert uns der Volks- 
mund folgenden Spruch: 
Septemberwy — Härrawy 
Galliwy* — Lalliwy 
(Ospelt-Amann, S. 89) 
Und als dann am festgelegten Tag pünktlich um neun 
Uhr mit dem Läuten der Wimmelglocke* die Wein- 
lese begonnen wurde, da haben auch die hiesigen 
Chronisten ihren Schreibstift mit einer Rebschere 
vertauscht. 
Edwin Nutt macht uns, nach getaner Arbeit, in sei- 
nem Gedicht Vom Schpigla (Nutt 1982, S. 42) auf 
sinen alten Brauch der Nach-Lese aufmerksam: 
Nöch Allerheiliga, jedes Jö6r 
hend gschpiglet mir — net gschtola 
sind i da Wingert, jedera Bündt 
was ghanget ischt, gi hola. 
So isches Bruuch gse, vul, viil Jöor 
för alli üseri Buaba 
do heöscht nö mösa — net wia höt 
zo jedem Rappa luaga. 
Höscht Sörg zo jedem Öpfel kha 
nüüt ischt verlöora ganga 
wia höt, wo mas verfuula l6öt 
jö ger am Böm blibt hanga. 
Höt könnt ma schpigla, wenn ma wett 
met Döppelschpennerwaga — 
no Buabi globi fendischt net 
wo helfa deten lada. 
Jnd somit wäre das Winzerjahr wieder vorbei. Was 
nun noch bleibt, ist das Warten auf die eigentlichen 
Früchte der harten Arbeit: 
. . Dr Suuser ischt im grossa Fass 
vergöra scho zo Wii 
es wörd för üüs vom Hierbscht än Gruass 
im langa Winter sit. 
(Schpö6sthiarbscht. Nutt 1982, S. 31) 
Zu Recht geht also der Dank an all jene, die übers 
Jahr mithelfen, dass aus den ersten grünen Trieben 
Jes Frühlings schliesslich das wird, was wir an kalten 
Winterabenden nur zu gerne als Göttersaft bezeich- 
nen wollen: 
Wenn usem Kruag dr Tröpfa rünnt 
ir Rundi vo da Zecher 
us luter Frööd a Liad verklingt 
wörd leer so menga Becher 
Denn singt ma s’Lob vo dena Lüt 
dia s’Jö6r dor d’Reba pflegend 
und betten, dass än guata Wii 
Müasal und Aarbet segnet, 
So leben hoch ihr Winzer all 
und d’Reba i dr Sunna 
dass volla sei s’letscht Fessle Wii 
wer wett eu das net gunna. 
(Winzerlob. Nutt 1982, 5. 20)
	        

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