Die Farbe des Herbstes (Gemeinde)
vom Stock trennt. Nun müssen alle faulen, von
Botrytis oder Weissfäule befallenen Beeren ausgeson-
dert werden. Auch unreife, essigstichige und stiel-
lahme Trauben werden beseitigt. Diese Trauben kön-
nen zum Schnapsbrennen verwendet werden. Sie
kommen in den ersten Eimer. Die guten, reifen Trau-
ben werden in den anderen Kübel gegeben. Die Stär-
keren unter den Helfern tragen eine Tanse auf dem
Rücken und gehen von WimmlerIn zu WimmlerlIn.
Diese leeren die guten Trauben in den Rücken-
behälter, der entweder aus Holz oder aus Kunststoff
besteht. Die Tansenträger laufen mit ihrer kostbaren
Fracht zu den Zufahrtswegen, wo Traktoren mit gros-
sen Standen stehen, und leeren das Traubengut hin-
ein. In diesen Standen werden die Trauben zum Tor-
kel transportiert.
Dort wird das Traubengut von einer Gewährs-
person beschaut, ob es sauber ist, das heisst, sie kon-
trolliert, ob es gut ausgelesen wurde. Darauf wird die
Menge ermittelt. Zuletzt wird mit der staatlich geeich-
ten Öchslewaage der Zuckergehalt ermittelt. Die pri-
vaten Weinbauern werden nachher nach Quantität
und Qualität bezahlt. Praktisch geht das so: Es wird
ein Basiswert bestimmt, der gewöhnlich zwischen 80
und 90 Grad Öchsle liegt. Für ein Kilo Trauben mit
diesem Basiswert wird ein fester Preis bezahlt. Haben
die Trauben eine höhere Gradation, bekommt der
Winzer einen Zuschlag, und umgekehrt wird der
Preis gekürzt bis zu einem Minimalgradwert. Wird
dieser unterschritten, werden die Trauben nur als
zweite Qualität angenommen. Dasselbe geschieht,
wenn das Maximalgewicht pro Quadratmeter über-
schritten wird. Alle Werte werden sorgfältig eingetra-
gen. Diese Bestimmungen gelten aber nicht nur für
diejenigen Rebbauern, die ihre Ernte verkaufen, son-
dern auch für alle unabhängigen Weinproduzenten,
Die Weinlese kann nur bei schönem Wetter durch-
zeführt werden. Das Regenwasser würde die Öchsle-
gradzahl um etwa sechs bis acht Grad herabsetzen.
Bei Nebel muss gewartet werden, bis die Sonne die
Trauben getrocknet hat. Bei ganz heissem Wetter
muss das Traubengut mit weissen Tüchern abgedeckt
werden, weil es sonst eine zu hohe Gärtemperatur
erreichen würde. Übrigens gehört die Ernte zu den
arbeitsintensivsten Arbeiten. Man rechnet für ein
Hektar rund 400 Arbeitsstunden, das sind etwa 25 bis
30 Prozent des gesamten Arbeitsaufwandes eines Reb-
jahrs.
Die Arbeit der Lese kann man beschreiben, nicht
aber die Stimmung. Man muss einmal dabei gewesen
sein. Die Fröhlichkeit und Spässe beim Lesen, die
Gespanntheit einiger vor der Ochslewaage sind jedes-
mal ein Erlebnis. Keiner weiss, wieviele private Wetten
zewonnen und verloren werden. Der Stolz desjeni-
gen, der am meisten Öchsle gezogen hat, kann in sei-
nem Gesicht erkannt werden. Oder die Stimmung
veim anschliesseden “Z’Marend”, die Hochstimmung
bei Brot, Speck, Käse, Würsten und Wein bis weit über
Mitternacht. Am Schluss steht der “Suusersunntig”
an dem der neue Jahrgang nochmals gefeiert wird.
Im Gegensatz dazu wird es in den Weinbergen still.
Nun sind sie wieder öffentlich und jedermann zu-
gänglich. Wer jetzt noch Trauben findet, dem mögen
sie gehören. Das Rebjahr ist zu Ende gegangen.