Spieglen: Zum Zehendten, befindt sich, dass, So
baldt der Wein in Einem Weingarthen abgewimblet,
man underm schein dess Spieglens den benachbahr-
ten noch Ihre stehendte Trauben, wie zuegleich auch
die Bögen in frembden Weingärthen abschneidet,
welches nit allein aufs höchst verbotten ist, sondern
es solle Jedwederer, so betretten würdt, so oft es be-
schicht, per 10 Pfd. den. abgestraft werden. (N.B. fiat
memoria in ordine Decimarum a serenisstmo.)
Streitigkeiten im Torkel: So fern 11.no, wie bis daher
schon öfters zue vernemmen kommen, in denen törg-
len Einer den anderen mit worth, oder werkhen
Ehrverletzlich, oder sonsten schimpflich antaschten,
oder gahr handgemein würde; diser, oder dise sollen
unnachlässlich per 10 Pfd. den. abgestrafft werden.
Weinsteuer: 12. mo soll keiner befugt seyn, den Most
undter der steur zue verkauffen bey straff 5 Pfd. den.
Weinzoll: 13 tio sollen die Torgel Meister ordentlich
die Wein angeben dem Zoller, welche auss dem Landt
geführet, undt gezollet werden müssen.
Zehntwein: 14. auch sollen die Torgelmeister in alle
Weg verbunden seyn, einen guten, gerechten most
sowohl roth als weissen, wie er fallen thuet, zum
Zehendten ordentlich zue geben, nit den ersten,
auch nicht den letzten, dan dan wohfern von denen
Zehendt Knechten Klag einkohmen würde, nach be-
fundenen dingen die Torkhelmeister guth darumb
seyn müssen, undt noch darzu von der obrigkeith ge-
strafft werden. Undt was den Zehendt an sich selbsten
belangt, solle er der Schuldigkeit nach, ohne alle ge-
fährde gegeben werden.
(Wie vorhero doch die Torkhellmeister darbey
eine genaue undt accurate specification des Zehend-
ten, so ein jeder pfarreye von Neugerühten fallet, füh-
ren sollen, damit sie selbige noch den herbst der ob-
rigkeith eingeben können.)”
Einige Hinweise zur Erläuterung
Es sollen hier nicht alle Bestimmungen erläutert wer-
den. Sie sind meist gut verständlich und bedürfen kei-
ner Erklärung. Einige wenige Paragraphen werden
später in anderem Zusammenhang kommentiert, na-
mnentlich wenn vom Zehnten, von der Weinsteuer
ınd von den alten Hohlmassen die Rede sein wird.”
In Vaduz gab es bereits mehrere Torkel. Die erste
Bestimmung will nämlich nicht nur sicherstellen, dass
der Torkelmeister die Übersicht behält und nicht zu
viel Traubengut gleichzeitig in den Torkel gelangt.
Sie zielt auch darauf, allen bestehenden Torkeln
Arbeit zu geben.“
Der sechste Punkt belegt die Existenz von privaten
Weingärten, deren Traubengut eigens erfasst und der
Steuer unterworfen sein sollte.
Interessant ist auch das Verbot der Viehweide im
Herawingert (Punkt 9). Offensichtlich wurden damals
Weingärten auch abgeweidet. Tiere, die vor der Wein-
ese in herrschaftlichen Weingärten angetroffen
wurden, sollten getötet werden. Nach der Weinlese
sollten sie gepfändet und in den Pfandstall bei der
herrschaftlichen Taverne eingestellt werden.‘!
Der Brauch des Spieglens ist in Punkt 10 der
Torkelordnung belegt. Das bis in jüngere Zeit noch
wahrgenommene Recht der Allgemeinheit, nach der
Weinlese stehen gelassene Trauben zu holen, ent-
spricht demnach einer sehr alten Gewohnheit.®?
Dass zum Torkelleben auch immer wieder hitzige
Wortgefechte und zum Teil handfeste Streitereien
gehörten, zeigt Punkt 11 der Torkelordnung.
Ein Teil des Weines wurde vom Torkel weg ausser
Landes verkauft und musste dabei verzollt werden
"Punkt 13)
Weinbau im 18. und 19. Jahrhundert
Um 1600 wird für unsere Region ein flächenmässiger
Höchststand des Weinbaus angenommen. Über den
Umfang der Rebkulturen gibt es nur Schätzungen.®
Der Dreissigjährige Krieg brachte für den Weinbau
gewisse Rückschläge mit sich. Weingärten wurden
von Kriegsvolk verwüstet, Keller geplündert. Anderer-
seits steigerte der Weinkonsum der Soldaten die
Nachfrage und eröffnete neue Absatzmöglichkeiten.
Vaduz lag an der Durchmarschroute zwischen den
deutschen und italienischen Kriegsschauplätzen. Wie
weit der Weinbau des Dorfes vom Krieg betroffen