Auf der verringerten Fläche gab es 1946 und 1947
je 80’000 Liter Rotwein. Die schwächsten Ernten wa-
ren 1913 mit 10’000 Liter —- und vor allem 1956 mit
nur 200 Liter! 1913 hatte ein starker Maifrost die
Traubenschosse so versengt, dass Ende Mai die Reben
noch kahl dastanden, und 1956 hatte eine ausnahms-
weise starke Februarkälte von mehreren Tagen, in der
die Temperatur bis zu 25 Kältegraden absank, die
Katastrophe zur Folge.
Zweimal gab es Perioden von neun Jahren mit aus-
gesprochen guten Ergebnissen, und zwar 1900 bis
1908 und 1942 bis 1950.
Die früheste Weinernte war 1947, am 16. Septem-
ber bei 20 Grad Wärme und Öchslegraden von 90
bis 100, die späteste im Jahre 1944. Sie begann am
22. Oktober und zögerte sich, durch Schneefall bis
ins Tal herunter, bis zum 13. November hinaus.
Der Vaduzer Wein hatte immer einen guten Ruf
und galt schon seit alter Zeit als Spitzenwein des
Rheintales. Bis zum Zollvertrag mit der Schweiz
wurde der Überschuss nach Vorarlberg und an den
Bodensee exportiert, weniger in die Schweiz, welche
damals noch hohe Zollgebühren erhob.
Vor dem Ersten Weltkrieg war der Preis zwischen
65 und 70 Heller pro Liter. Die niedrigsten Erlöse seit
der Einführung der Schweizer Währung gab es 1931,
als der Liter Fr. 1.15 galt. Im Jahre 1932 war in den
Gastwirtschaften der Vaduzer und Tiroler Wein mit
Fr. 2.40 pro Liter gleich teuer. Die höchsten Preise er-
zielte der Winzer in den Jahren 1946, 1947 und 1961
mit Fr. 2.85 bis Fr. 3.—.
Auch in den Methoden hat sich mancher Wandel
vollzogen. Bis 1923 gab es in Vaduz nur Stickelbau mit
wurzelechten Reben. Mit den ersten veredelten Wein-
reben wurde 1921 begonnen und zwar auf Anregung
von Herrn Dr. Nipp. Heute hat Vaduz etwa 80% ver-
edelte Burgunderreben, und der Rest wird in weni-
gen Jahren durch solche ersetzt werden. Die veredel-
ten Reben haben gegenüber den wurzelechten den
Vorteil, dass sie viel wüchsiger sind, denn sie bilden
ein drei- bis viermal stärkeres Wurzelwerk, und sie
sind auch ertragreicher, da sie aus jahrelangen Selek-
nonen, d. h. aus ausgesuchten fruchtbaren Reben
stammen.
Der Stickelabstand war bis 1923 immer 65 bis 80
:m. Im Jahre 1924 wurde auf vier Hektaren des fürst-
lichen Weinberges mit einer Drahtbauanlage begon-
nen, deren Abstand 1.80 m betrug. Bis zum Jahre
1935 war die Umstellung im ganzen Weinberg been-
det, die eine grosse Ersparnis an Arbeit ergab, was
deshalb wichtig war, weil der Mangel an geeigneten
Arbeitskräften akut geworden war. An Stelle des üb-
lichen Karstens und weiteren Hackarbeiten trat die
Pferdehacke in Aktion, der dann später die Seilwinde
folgte. Auch die wichtigsten Arbeiten im Weinbau
wurden bedeutend erleichtert.
Nach den riesigen Frostschäden des Jahres 1956 im
‚Urstlichen Weinberg wurde zum sogenannten Hoch-
dau im Reihenabständen von 3.60 m geschritten; die
Neuanlage wird heuer fertiggestellt werden und den
Arbeitsaufwand noch einmal bedeutend reduzieren.
Waren es bei der Drahtanlage noch 60 bis 70°000
Reben, so bleiben nach Fertigstellung des Hochbaues
aoch rund 13’000 Reben.
Aber auch in einigen Privatweinbergen gingen die
Besitzer zu einer anderen Methode über, dem soge-
aannten Halbhochbau mit Reihenabstand von 1.80
is 2.00 m. Auch diese Methode bewährt sich, und es
zab im Jahre 1961 sehr schöne Resultate.
Würde sich der Mangel an Winzern weiterhin ver-
zrössern, wird man in Vaduz wahrscheinlich überall
auf Halbhochbau übergehen müssen, weil dadurch
Dedeutend Arbeitskräfte eingespart werden können.
\m andern Fall ist zu befürchten, dass der Weinbau in
den nächsten Jahren weiterhin zurückgeht.
Alte Tradition und neue Methoden verbinden sich
in der Arbeit beim Weinbau. Immer aber wird sich
der echte Winzer über die Weinberge an den sonni-
gen Hängen freuen. Wie schade wäre es, wenn sie
langsam verschwinden würden.
Auf dem Hause eines Winzers in der Schweiz habe
ich einen Spruch gelesen, an den wir immer denken
sollten: Mag auch kommen, was da wolle, wir bleiben
der Heimat und den Reben treu.467
165 LVolksblatt, 2. Juni 1962, Nr. 85,
16€ [Volksblatt, 5. September 1962, Nr. 136.
67 Verling, Franz: Vom Vaduzer Weinbau. In: LVolksblatt, 13. Okto-
er 1962. Nr. 158.
Da