Volltext: Vaduzer Wein

Nachdem Peter Rheinberger 1893 im Alter von 
62 Jahren gestorben war, führten seine Frau und die 
drei Töchter das Weingeschäft weiter. Es war für die 
“Frau Hauptmann” immer schon ein besonderes Ver- 
gnügen gewesen, vor Weihnachten zum Einzug der 
Weingelder nach St. Gallen zu fahren, um dann am 
Abend bepackt mit Weihnachtseinkäufen wieder 
nach Hause zu kommen. 
Turmanbau durch Egon Rheinberger 
Im Jahr 1901 kam der Sohn Egon Rheinberger nach 
Hause zurück. Er hatte 1897 an der Akademie der 
Künste in München das Bildhauerstudium abge- 
schlossen und war dann drei Jahre lang am 
Wiederaufbau der Veste Liechtenstein bei Mödling 
als Architekt und Bildhauer beteiligt gewesen. Jetzt 
übernahm er in der Familie die Verantwortung für 
den Weinbaubetrieb. Den Weinverkauf an die alten 
Kunden besorgten nun seine beiden Schwestern Olga 
und Emma. 
In den Jahren 1902 bis 1904 verwirklichte Egon 
Rheinberger eine Idee, die ihn schon viele Jahre be- 
schäftigt hatte. Er baute nach eigenen Plänen den 
markanten Turm des Roten Hauses und verband so 
das alte Treppengiebelhaus mit dem Torkelgebäude. 
Damit schuf er ein Bau-Ensemble, das neben dem 
Schloss zum zweiten Wahrzeichen von Vaduz gewor- 
den ist. 
In den Jahren 1905 bis 1912 baute Egon Rhein- 
berger die total zerfallene Ruine Gutenberg — eben- 
falls nach eigenen Plänen — wieder auf.® Ab 1912 zog 
er mit seiner Familie jeweils im Sommer nach 
Gutenberg. Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelte 
die Familie dann ganz nach Gutenberg. Egon Rhein- 
berger eröffnete dort eine Schlosswirtschaft, da die 
Nachkriegsinflation auch sein Vermögen zunichte 
gemacht hatte. Zusammen mit seiner Frau führte er 
diesen Betrieb dann bis zu seinem Tod im Jahr 19386. 
Als besondere Spezialität wurde auf Gutenberg der 
“Kretzer” aus dem Abtswingert in Vaduz ausgeschenkt, 
der sich in den Kellern des Schlosses vorzüglich la- 
gern liess. 
Das 20. Jahrhundert 
Die Oberaufsicht über die Weinberge führte nun 
Egons Schwester Emma, die auch selbst im Weinberg 
unermüdlich tätig war. Wie in allen übrigen Gemein- 
den des Landes wurde es in dieser Zeit nach dem 
Ersten Weltkrieg auch in Vaduz immer schwieriger, 
Arbeitskräfte für die Weinbergarbeit zu finden, und 
auch die Rendite des Weinbaugeschäfts war geringer 
geworden. Dem früher so beliebten Weisswein wurde 
jetzt das Flaschenbier vorgezogen. Die Folge davon 
war ein Schrumpfen des Weinbergareals im ganzen 
Land auf etwa ein Drittel des Bestands. Waren im Jahr 
890 in Liechtenstein noch 64 Hektar Rebberge aus- 
gewiesen, so gingen diese bis zum Zweiten Weltkrieg 
auf 19,5 Hektar zurück.® Der St. Johanner aber blieb 
fast ganz erhalten. 
Im Jahr 1956 ging das Rote Haus samt Weinberg in 
den Besitz von Ingenieur Peter Rheinberger über, der 
dann zusammen mit seiner Frau die Weinberg- und 
Torkelarbeiten organisierte. Später übergab er diese 
Arbeit seinem Neffen Urs Rheinberger bis zu dessen 
Tod im Jahr 1990. Seitdem ist der Weinberg an den 
Vaduzer Winzer Markus Verling verpachtet. Ein wich- 
iges Übereinkommen traf Peter Rheinberger 1980 
mit der Gemeinde Vaduz, wonach der Weinberg un- 
terhalb des Roten Hauses auch in Zukunft aus der 
Bauzone ausgeschieden bleibt und nicht überbaut 
werden darf. In den letzten Jahren führte er nach 
3 FamARh H89. . 
RhAV, Peter Rheinberger an Fanny Rheinberger, Brief vom 
26. September 1878. 
1 Mass = 1,4 Liter. 
Rund 50’000 Liter. 
RhAV, Peter Rheinberger an Fanny Rheinberger, Brief vom 
27. Oktober 1881. 
Das Mass von 10’°000 Litern ist inklusive des von Vaduzer Wein- 
bauern zugekauften Weines gerechnet. 
RhAV, Peter Rheinberger an Fanny Rheinberger, Brief vom 
20. Dezember 1885. 
Rheinberger, Rudolf: Dr. med. Rudolf Schädler 1845 bis 19380. 
In: JBL 92 (1994), S. 181/182. 
Wilhelm, Anton: Egon Rheinberger. In: JBL 84 (1984). 
Castellani Zahir, Elisabeth: Die Wiederherstellung von Schloss 
Vaduz 1904 bis 1914. Vaduz und Stuttgart, 1993. S. 131-156. 
Balzner Neujahrsblätter 1995 und 1996. 
Ospelt, Ernst: Der liechtensteinische Weinbau. In: Der St. Galler 
Bauer, Nr. 40, 1964, S. 1123. 
x 
6 
30
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.