über die Zuteilung des Weines zeigt, wie beliebt der
Vaduzer Rebensaft schon damals bei den Wein-
liebhabern war. Allerdings erstaunt uns das Quantum
von einem Fuder Wein für eine Person pro Jahr, wenn
man bedenkt, dass die Masseinheit Fuder?? rund 700
Liter bedeutete. Damit traf es auf einen Konven-
tualen etwa zwei Liter pro Tag. Da kann man sich gut
vorstellen, wie liederlich es zu jener Zeit im Kloster (!)
St. Johann zugegangen sein mag.
Nun, als das Mass im wahrsten Sinn des Wortes voll
war, musste etwas geschehen. Das Kloster wurde zu-
erst für kurze Zeit unter Zwangsverwaltung gestellt
und dann am 3. November 1555 der Abtei St. Gallen
inkorporiert.® Damit aber war es nicht mehr Abtei,
sondern ein Priorat des Benediktinerklosters St. Gal-
len geworden.
Es dauerte lange, bis die Spuren der alten Miss-
wirtschaft getilgt waren. Dazu kamen schwere Rück-
schläge, welche das Erreichte jeweils wieder zunichte
machten. Im Jahr 1568 brannte das Kloster total ab,
doch wurde es rasch wieder aufgebaut. Bald darauf
trat im Kloster eine rätselhafte Krankheit auf, deren
Ursache man sich nicht erklären konnte. Koliken und
Lähmungen waren die hauptsächlichsten Symptome
dieser Krankheit, die man “Morbus Johanniticus”
nannte. Viele der Klosterinsassen starben daran. Erst
in jüngster Zeit” identifizierte man die unheimliche
Krankheit aufgrund der gut beschriebenen Sym-
ptome als Bleivergiftung. Diese war wohl zur Haupt-
sache bedingt durch schlechtes bleihaltiges Zinn:
geschirr und durch Wasserleitungen aus Bleirohren.
Im Jahr 1626 brannte das Kloster zum zweitenmal
nieder. Abermals baute man es wieder auf, jedoch
weiter talabwärts. Um diese Zeit beginnt das Kloster,
jetzt Priorat, wieder Käufe und Tauschgeschäfte in Va-
duz zu tätigen. In den 40 Jahren zwischen 1620 und
1660 erwarb% es in Vaduz ein Haus mit Hofstatt, eine
Hofstatt mit Stadel und fünf Weinberge durch Kauf,
ferner zwei Weinberge durch Tausch. Für diese Käufe
bezahlte das Kloster rund 3’000 Gulden, Dabei wurde
streng darauf geachtet, dass alle Neuerwerbungen an
den St. Johanner Weingarten — von früher her auch
Abtswingert genannt — stiessen oder sich wenigstens in
der Nähe desselben im Vaduzer Oberdorf befanden.
Damit fand eine Arrondierung des klösterlichen
Weinbergbesitzes statt, was auch von praktischer
Bedeutung war, da sich dadurch die Arbeit wirtschaft-
licher gestalten liess.
Anstände mit der Gemeinde
Da die Klosterbesitzungen als geistliches Gut frei von
Gemeindesteuern waren, erregte dies immer wieder
Unmut in den Gemeinden, in denen die Kloster-
besitzungen lagen; und diese stellten auch Forderun-
gen an das Kloster, zog es doch unentgeltlich den
Nutzen aus den von der Gemeinde unterhaltenen
Strassen, Rüfeverbauungen und anderen infrastruk-
:urellen Einrichtungen. Das Kloster zeigte schliesslich
auch Verständnis dafür, und es kam im Jahr 1667 zu
einer gütlichen Einigung mit den Gemeinden Vaduz
und Schaan.% Danach sollte erstens: Die “behebte
Steuer”? auf dem “alten grossen Einfang zue Vaduz ”®®
in Pfund Pfennige betragen.
Zweitens: Für die Neuerwerbungen seit 1615 wa-
ven jährlich fünf Gulden und fünf Batzen zu erlegen.
Drittens: Für Wuhren und Dammen am Rhein sol-
en die Gemeinden Vaduz und Schaan jährlich drei
Gulden und 30 Kreuzer erhalten.
Viertens: Bei grosser Rüfenot hat das Kloster pro
lag zwei Gulden und 45 Kreuzer, wenn das Aufgebot
nur die halbe Mannschaft erfordert, nur einen
Gulden und 22 % Kreuzer zu bezahlen.
” Der Autograph befindet sich im Staatsarchiv Zürich, Sign.
E.1.3.1, Zwinglischriften Nr. 37. — Für wichtige Hinweise danke
‘ch Christoph Möhl und Dr. Marianne Wallach-Faller, Institut für
Schweiz. Reformationsgeschichte, Universität Zürich.
Arx, Ildefons von: St. Galler Geschichten. St. Gallen, 1813. Bd. 3,
5. 75/76.
Es ist wahrscheinlich das “Feldkircher Fuder” gemeint.
Vogler, Werner (Hrsg.): Das Kloster St. Johann im Thurtal.
St. Gallen, 1985.
Ir. Th. Wegmann, ehemaliger Chefarzt der medizinischen
Zlinik St. Gallen,
Büchel, Johann Baptist: Die St. Johanner Urkunden, In: ]BL 18
(1918), S. 58/59.
Ebd.
Die “behebte Steuer” war keine Gemeindesteuer, sondern eine
Landessteuer, die sogenannte “alte Landessteuer”
Der Abtswingert.
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