Volltext: Fürst und Volk

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Zusatzinformation zur Rechtspflege 
Die richterliche Unabhängigkeit 
Die richterliche Unabhängigkeit ist ein Grundpfeiler jeder rechtsstaatlichen Ordnung und bedarf daher im moder- 
nen Rechtsstaat einer entsprechenden Absicherung. Die liechtensteinische Verfassung enthält verschiedene 
Bestimmungen, in denen die richterliche Unabhängigkeit erwähnt ist. Es sind dies die Art. 98, Art. 99 Abs. 2 und 
Art. 106 der Verfassung. 
Obwohl die Verfassung keine näheren Bestimmung darüber enthält, was im Fürstentum Liechtenstein konkret 
unter richterlicher Unabhängigkeit zu verstehen ist, kann doch grundsätzlich festgesetzt werden, dass die richterli- 
che Unabhängigkeit in ihr festgehalten ist. 
Zudem garantiert Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Liechtenstein Verfassungs- 
rang einnimmt, in Zivil- und Strafsachen das Recht auf ein «unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhen- 
des Gericht». Nähere Bestimmungen über die richterliche Unabhängigkeit finden sich auch im Gerichtsorganisa- 
tionsgesetz, im Staatsgerichtshofgesetz und im Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungsrechtspflege. 
Der Richter hat die Pflicht in allem, was vom Gerichte zu beurteilen ist, nach Recht und Gerechtigkeit, nach 
bestem Wissen und Gewissen, allen ein gleich unpartelischer Richter zu sein. Er darf sich bei seiner Entscheidfin- 
dung nicht durch eine Person beeinflussen lassen und hat allfällige Ausschliessungs- und Ablehnungsgründe zu 
berücksichtigen. 
Es sei an dieser Stelle aber kritisch angemerkt, dass der Richter in einem gesellschaftlichen Umfeld aufgewach- 
sen ist und ein dementsprechendes Gewissen bzw. Gerechtigkeitsempfinden hat. Zudem erfolgt die Wahl des 
Richters durch eine politische Instanz und ist deshalb ein durch verschiedene Interessen beeinflusster Vorgang 
Einzig die Einzelrichter des Landgerichtes werden gewohnheitsrechtlich auf Lebenszeit bestellt, während alle 
anderen Mitglieder von Kollegialgerichten nur für eine bestimmte Amtsperiode gewählt werden. Auch aus dieser 
Grunde trifft die richterliche Unabhängigkeit besonders für die Landrichter zu, denn für sie kann eine Wiederwahl 
nicht von einzelnen Entscheidungen abhängig gemacht werden. 
Sollen die Richter wirklich Konflikte im Staate lösen und jedem Bürger zustehende Rechte verwirklichen helfen, so 
gilt es, die richterliche Unabhängigkeit auszubauen und vermehrt zu sichern. Sie muss als eine wesentliche Errun- 
genschaft des modernen Rechtsstaates bewahrt werden, denn nur so kann der Richter seine gesellschaftliche 
Aufgabe auch wahrnehmen. 
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Die Rechtspflege und die Gerechtigkeit 
Wie bereits ausgeführt, ist der Richter bei der Entscheidfindung den Gesetzen, der Gerechtigkeit und seinem 
Gewissen verpflichtet. Der Begriff des Gesetzes lässt sich in diesem Zusammenhang wohl am einfachsten kon- 
kretisieren. Was bedeutet aber Gerechtigkeit im Zusammenhang mit der Rechtspflege? Diese Frage lässt sich 
wohl nicht eindeutig beantworten und könnte auch nur in längeren Ausführungen einigermassen befriedigend und 
ansatzweise ergründet werden. 
Im folgenden soll deshalb in Form von Fragen versucht werden, die Gerechtigkeit zu problematisieren. 
- Sind unsere Gesetze gerecht? 
Wer macht unsere Gesetze? 
Sind unsere Gesetze nicht Ausfluss der bestehenden Machtverhältnisse im Staat? 
Wie weit geht der «Spielraum» des Richters, innerhalb dieser Gesetze Entscheidungen zu finden? 
Wird die Entscheidungsfindung des Richters nicht durch sein eigenes Weltbild beeinflusst? 
Hat jeder und jede die gleichen Vorstellungen von Gerechtigkeit? 
Gesetze 
.V, Verfassung des Fürstentums Liechtenstein vom 5. Oktober 1921, LGGI. 1921 Nr. 15, 
StGHG, Gesetz vom 5. November 1925 über den Staatsgerichtshof, LGBl. 1925 Nr. 8, 
LVG, Gesetz vom 21. April 1922 über die allgemeine Landesverwaltungspflege, LGBl. 1922 Nr. 24, 
GOG, Gerichtsorganisations-Gesetz vom 7. April 1922, LGBl. 1922 Nr. 16, 
ZPO, Gesetz vom 10. Dezember 1912 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, LGBl. 
1912 Nr. 9/1, 
StPO, Strafprozessordnung vom 18. Oktober 1988, LGBl. 1988 Nr. 62, 
RFVG, Gesetz vom 21. April 1922 betreffend das Rechtsfürsorgeverfahren, LGBl. 1922 Nr. 19, 
VAG, Gesetz vom 12. Dezember 1915 über die Vermittlerämter, LGBl. 1916 Nr. 3, 
GebG, Gesetz vom 30. Mai 1974 betreffend die Gerichts-, Oeffentlichkeitsregister- und Grundbuchsgebühren, 
LGBl. 1974 Nr. 42, 
JGG, Jugendgerichtsgesetz vom 20. Mai 1987, LGBl. 1988 Nr. 39, 
RAG, Gesetz vom 13. November 1968 über die Rechtsanwälte, Rechtsagenten, Treuhänder, Buchprüfer und Pa- 
tentanwälte, LGBI. 1968 Nr. 33
	        

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