Liechtenstein — Ein Kleinstaat im Herzen Europas
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Auch wenn es verschiedene Leute nicht wahrhaben möchten, die Realisierung des liech-
tensteinischen EWR-Beitritts wird gegenüber dem seit über 70 Jahren bewährten Partner
”Schweiz” eine gewisse "Abkehr" bewirken. Gleichzeitig wird man jedoch nicht umhin
kommen, die Grenzen gegenüber den weitaus billiger produzierenden Unternehmen der
EWR-Staaten zu öffnen. Auch wenn im Bereich "Freier Personenverkehr” für Liechten-
stein gewisse Ausnahmebestimmungen vorgesehen wurden darf dies nicht über die Tat-
sache hinwegtäuschen, dass die entsprechenden Abschottungsmöglichkeiten in der Pra-
xis wohl kaum realistisch einsetzbar wären.
13. Zollvertrag: Schwierige Probleme sind zu lösen
Interview vom 22.12.1992 mit Regierungschef Hans Brunhart:
”Grundsätzlich wurde das JA zum EWR-Abkommen positiv aufgenommen. Die Klärung
der notwendigen Abänderung des Zollvertrages, in Berücksichtigung des zumindest für
sine gewisse Zeit unterschiedlichen Integrationsweges der Schweiz und Liechtensteins,
hat Priorität. Die Zielsetzung bei der Erhaltung der offenen Grenzen mit der Schweiz ist
eine Zielsetzung, die die Menschen in dieser Region des Rheintals auf beiden Seiten des
Rheins elementarer und direkt berührt. Es wird vom weiteren Verlauf der Gespräche
zwischen den EFTA-Ländern und der EG abhängen, ob und welche Veränderungen der
EWR-Vertrag erfährt. Wir werden schwierige Probleme zu lösen haben, aber gemeinsam
werden sie zu lösen sein.”
14. Nimmt Abänderung Zollvertrag ungeahnte Dimensionen an ?
SHZ-Interview vom 23.12.1992 mit dem schweizerischen Notenbankchef:
"Liechtenstein hat sich durch den Anschluss an den EWR wirtschaftlich eine sehr gute
Ausgangslage geschaffen, und wenn es der Regierung gelingt, gleichzeitig den Zollver-
irag mit der Schweiz aufrecht zu erhalten, hat es hier im realwirtschaftlichen Bereich
eine wirklich privilegierte Wettbewerbsstellung.
Probleme sehe ich dort, wo via Währungsvertrag und Schweizerfranken zusätzlich noch
einige Spezialitäten offeriert werden, die der heute exemplarisch saubere Finanzplatz
Schweiz nicht bietet: a) Sorgfaltspflicht der Banken,
b) Identifizierung der Kunden,
c° gesellschaftsrechtliche Besonderheiten,
dj) Verweigerung der Rechtshilfe in Steuersachen
Das JA zum EWR entspricht dem Wunsch des Fürsten von Liechtenstein, aus dem
Rucksack der Schweiz zu kommen. Es wäre daher legitim, wenn die Schweiz in die-
sem Moment Liechtenstein auch zu verstehen gibt, dass man gerne einige der vorge-
aannten ”Belastungen” aus dem gleichen Rucksack entfernen würde.” Soweit dieses In-
ierview.
Einmal mehr spricht hier ein Vertreter der Schweiz vom "exemplarisch sauberen
Finanzplatz Schweiz” und weist gleichzeitig auf angebliche Mängel des liechtensteini-
schen Systemes hin. Dass diese Mängelliste jedoch absolut unhaltbar ist, beweisen fol-
gende Tatsachen:
zu a) Alle liechtensteinischen Banken haben eine sehr strenge "interne _Kontrolle”,
Ferner unterstehen die Banken der Bankenkommission, welche es mit der Auf-
sicht sehr genau nimmt.