fielen 1945 611 aus Sicherungsgründen ausgelagerte Aktenkartons in die
Hände der Roten Armee. So befinden sich heute die Unterlagen der Herr-
schaften A—L grósstenteils in einem Sonderarchiv in Moskau und sind bis auf
weiteres für die Forschung verloren.
Der Wiener Teil des Hausarchivs ist im liechtensteinischen Gartenpalais in der
Rossau untergebracht. Die dort verwahrten Unterlagen dokumentieren die Tá-
tigkeit der fürstlichen Zentral- und Mittelbehórden bzw. sind aus dem Ge-
scháftsgang der Herrschaftsámter hervorgegangen. Eine Gliederung des
Schriftguts nach Inhalt und Herkunft ergibt im wesentlichen drei grosse Grup-
pen: Zunáchst den Bestand der sogenannten Herrschaftsarchivalien, der etwa
2200 Aktenkartons umfasst. Er ist nicht allzu homogen. Allerdings nehmen die
hier zugeordneten Rechnungen und Korrespondenzen der Wiener Baudirektion,
der Buchhaltung, der Hofkanzlei, des Hofstaats und diverser hóherer Verwal-
tungsbeamten, die Personalia, Instruktionen und Lehenssachen verhältnismässig
wenig Raum ein und sind auch für die liechtensteinische Landesforschung nur
von untergeordneter Bedeutung. Der umfangmássige Schwerpunkt dieses Be-
reiches liegt vielmehr auf einer Sammlung von Aktenmaterial, das sich auf den
Güter- und Hausbesitz des Majorats bezieht. Mehr als 40 Herrschaften sowohl
in Niederósterreich aber vor allem in den Lándern der Bóhmischen Krone sind
mit Angaben über den Besitzstand, die grundherrliche Verwaltung und Wirt-
schaft, das Kirchen- und Schulpatronat, das Kanzleiwesen, die óffentliche
Verwaltung sowie mit Untertanssachen vertreten.
Die erwähnten Kriegsverluste brachten es mit sich, dass das Fürstentum
Liechtenstein in diesem Bestand unterreprásentiert ist. Lediglich 38 Akten-
kartons haben sich im Archiv erhalten. Auf den ursprünglichen Umfang, die
Zusammensetzung und den Aufbau des Archivmaterials finden sich keinerlei
Hinweise. Es ist jedoch naheliegend, dass, wie vergleichsweise beim Herzog-
tum Jágerndorf-Troppau, eine Trennung zwischen den fürstlichen Agenden
und dem grundherrlichen Bereich vorgenommen worden war. Die verbliebe-
nen Bestände stellen ein zufálliges Konglomerat aller genannten Belange dar.
Wenn man von Einzelbelegen aus dem 16. und 17. Jahrhundert absieht, setzt
das Schriftgut etwa um 1750 ein und reicht in Teilen bis ca. 1960. Unter der
Bezeichnung «Fürstentum Liechtenstein» sind zunáchst alle jene Archivalien
zusammengefasst, die aufgrund des geringen Umfangs eine sachbezogene
Gliederung nicht erlauben. Die Sammlung ist demgemáss inhaltlich nur schwer
zu charakterisieren: Neben Wirtschaftsrechnungen und -berichten finden sich
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