der Notzeit die Sterberate nicht weiter abnahm, dass die Ausländerquote von
17% etwas sank, das Oberland bevölkerungsmässig wuchs, das Unterland
aber stagnierte, dass die liechtensteinische Geburtenrate im Vergleich zur
Schweiz wie zu Österreich und auch zum benachbarten Sarganserland und zu
Vorarlberg deutlich höher lag.
Zur Innenpolitik wurde für das Krisenjahrzehnt zuerst die «Sparkassa-Affäre»
von 1928, welche zum Regierungssturz der Volkspartei und zum Machtantritt
der Bürgerpartei führte, untersucht, der Betrugskomplex, die politische Instru-
mentalisierung, Prozess und Ministeranklage, die Entstehung eines Sparkassa-
Mythos. Zum Verlauf der Wirtschaftskrise in Liechtenstein wurden Struktur
ınd Lage der kleinen Volkswirtschaft anfangs der Dreissigerjahre analysiert
und danach die Auswirkungen der Krise auf Industrie, Beschäftigung, Aus-
landsaisonarbeit, Viehexport und bäuerlichen Erwerb studiert, dazu soziale
Folgen wie Verschuldung, Betreibungen, Konkurse, Armut, Kriminalität, Al-
kohol, Selbstmorde untersucht. Die Reaktionen von Privaten und Verbänden
auf den Krisenverlauf wurden verfolgt — von Bauern, Handel und Gewerbe,
Arbeiterschaft. In Liechtenstein tauchten wie anderswo Krisenrezepte auf, so
ständestaatliche Ideen und eine Freiwirtschaftsbewegung. Abhilfe erwartete
man in der Wirtschaftsnot vor allem vom Staat und der eigenen Partei. Staatli-
che Krisenbekämpfungspolitik — vor allem Arbeitsbeschaffungsmassnahmen
im Bausektor, aber auch Industrialisierungsbemühungen und Gewerbeförderung
— wurde bis zum Kriegsausbruch in wachsendem Masse betrieben. Die Be-
trachtung der öffentlichen Haushalte zeigt, dass die Krisenmassnahmen — so
der Kanalbau — nicht etwa über «deficit-spending», sondern aus den vier
gerade im Krisenjahrzehnt anwachsenden spezifisch liechtensteinischen Ein-
nahmensäulen finanziert werden konnten, nämlich aus dem Gesellschafts-
wesen, den Briefmarken, den Einbürgerungstaxen und der Zollpauschale des
Zollvertrags mit der Schweiz.
Zu untersuchen waren die Parteien und ihre Politik, die ab 1928 regierende
«Fortschrittliche Bürgerpartei» («schwarz»), die in die Opposition gedrängte
«Christlich-soziale Volkspartei» («rot»), auch die kurzlebige «Liechtensteini-
sche Freiwirtschaftsbewegung», mit dem Fall Ude. Zu untersuchen war spezi-
2]l der Entführungsfall Rotter vom Frühjahr 1933, mit welchem sich national-
sozialistischer Gewaltgeist auch hier zu manifestieren begann. Eingehend zu
betrachten war der im Herbst 1933 entstehende «Liechtensteiner Heimat-
dienst», der als frontistische Bewegung auftrat, antiliberale, ständestaatliche
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