Volltext: Historiographie im Fürstentum Liechtenstein

statt dessen um ein Haus gehandelt haben, in dem sehr fromme, gottesfürchti- 
ge Menschen gleichsam wie in einem Kloster lebten, oder der Name könnte 
deshalb entstanden sein, weil immer wieder Bewohner dieses Hauses ins 
Kloster eingetreten sind, oder, oder, oder ... Es sind viele Spekulationen 
möglich. 
Dieses Beispiel zeigt, dass die richtige Interpretation eines Namens oft vom 
Wissen um historische Fakten abhängt. Wir Namenforscher wären hier für 
Informationen seitens der Historiker dankbar. Sie als Historiker sind heute 
durch einen Namenforscher vielleicht auf etwas gestossen, das in der Ge- 
schichte von Balzers noch unbekannt ist und das zu untersuchen lohnen 
würde. Gab es in Balzers im oder vor dem 18. Jahrhundert ein Kloster? 
Das dritte und letzte Beispiel, mit welchem ich hoffe gewichtige Gründe für 
interdisziplinäres Arbeiten zu nennen, berichtet von einem älteren, einem 
romanischen Namen und betrifft somit die Frühgeschichte unserer Region. Im 
Triesner Gebiet Maschlina wurden bei Strassenbauarbeiten Funde gemacht, 
die auf ein römisches Gebäude schliessen lassen. Nehmen wir an, die Reste 
gehören zu einem Landhaus, das vollständig rekonstruiert werden könnte, nur 
bliebe leider unbekannt, wer der Besitzer oder Erbauer des Landsitzes war. 
Wie wäre es nun, wenn dank der Namenforschung der Besitzer ausfindig 
gemacht werden könnte, oder sich zumindest ein Hinweis auf seinen Namen 
finden liesse. Maschlina, der Ort, wo die Funde gemacht wurden, geht sprach- 
lich nämlich zurück auf eine lateinische Vollform villa marcellina und bedeu- 
tet nichts anderes als «Landhaus des Marcellus». Natürlich gibt es keine 
Beweise, dass der Besitzer genau dieses ausgegrabenen Landhauses Marcellus 
hiess, aber eine Erwähnung, oder nähere Untersuchung ist dies doch allemal 
wert. 
Es liegt in der Natur der Sache, dass für die Frühgeschichte und speziell die 
Archäologie besonders ältere, also romanische oder keltische Namen von 
Interesse sind. Das Beispiel Maschlina zeigt, dass dort, wo entsprechende 
Namen zu finden sind, manchmal auch das dazugehörige Fundgut anzutreffen 
ist. Würde man alle Flurnamen unter diesem Gesichtspunkt betrachten, was 
wäre dann beispielsweise mit der Eschner Flur Gaschlun, gleich castellum, 
also Schloss, Burg oder Kastell, oder was wäre mit der Flur Gaselva «Haus 
am/im Wald», oder Gapont «Brückenkopf» oder um auch ein Beispiel eines 
jüngeren Namens zu nehmen: Bsetzi, was nichts anderes bedeutet als «gepfla- 
sterter Platz» und wo tatsächlich ein solcher entdeckt wurde? 
Au
	        

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