Bei der nostalgischen Betrachtung des Heimatorts
fällt immer wieder auf, dass besonders das Verschwin-
den der Dorfbrunnen beklagt wird. Dies ist auch durch-
aus verständlich, wird deren soziale Funktion in Be-
tracht gezogen. Die Brunnen waren ja die eigentlichen
Quartierzentren des Dorfes. Hier löschten Mensch
und Tier den Durst, Wasser wurde zum Kochen, zum
Waschen und für all die anderen Hausarbeiten geholt,
und die Kinder schätzten sie als beliebte Tummelplätze.
So gab es also immer genügend Gründe, an diesen
Orten zu verweilen, und es ist daher kein Wunder,
dass ihr Verlust von denen, die sie noch erlebten, aufs
höchste beklagt wird. S Petersbrünnili, s Mesmersbrünnili,
s Schualbrünnili, dr Kirchabrunna, dr Engelbrunna, dr Rot
Hus Brunna, s Metzger Wachters vespektive s Kirchthalers
Brunna, dr Zacherbrunna, s Meinradsbrünnili, dr Leua-
brunna und wie sie alle hiessen, ihnen allen gehórt
eine besondere Zuwendung in der Vaduzer Heimat-
literatur. So schreibt Ida Ospelt-Amann in ihrer nostal-
gischen Rückbesinnung Dr Kirchabrunna (Di aalta
Rader, S. 16):
I ka mi noch erinnara ana Frau, wo vylmool im Taag a
Kopfergelta voll Wasser ufám Kopf hààm treet hàt und as
Mei, wo metäm zwäärädriga Kara metra Schtanda voll
Wasser druuf uf Wáág gse ischt . . . För üüs Goofa ischt
dr Kirchabrunna s Paradys gse. Dürt ischt ma zemma ko
zom Schpeeler macha noch Härzesloscht. Vor dr Schual
hät ma noch ufäm Zementsockl Greffl gschpetzt und
Tafla gwäscht. Do dry hät ma im Summer gwailät, hät
danand aagschprôtzt, pflätschät, doorät und am Oobät
d Füass gwäscht. Im Winter hend d Yszäpfa gletzgärat
und mir Goofa hen dra gschläckät wia Kinder hôt Zocker-
schtengl .
Und von einem anderen Brunnen weiss sie in Dr heilig
Sunntig (Di aalta Ráder, S. 28) zu berichten: S Schual-
brünniliwasser sei bsunders guat gse zom Arbsasoppa sida,
das sei ganz a weichs Wasser gse.
In seiner kleinen Chronik Am Brunna erinnert
sich Edwin Nutt in dem Gedicht Uf aalta Belder (Nutt
1982, S. 62) ebenfalls — und nicht ohne einer leisen
Wehmut — an die zum Teil längst verschwundenen
Wahrzeichen von Alt-Vaduz:
Uf aalta Belder ischt &r nóch
im Dörf, min aalta Brunna
êr ischt dr Letscht vo allna gse
scho lang schtóót ë o numma.
Ger alli kónd mür weder d'Sinn
und ganz i mii versunka
mócht i vo dm zom andra goo
wo à so vül ha trunka.
Im aalta Bach, ir Herragass,
bim Roota Huus, bim Leua
ma hèt na ääfach ‘sWasser gnoo
und Troog denn lo verkeia.
Uf aalta Belder - dotzedfach
han i si alli gfunda
di aalta Brünna, so mengs Dach,
si sind scho lang verschwunda.
Das Wasser: Segen oder Übel?
z'trinka muass an alltag ha,
sos goht er druuf; wer si aber
alltag wäscha muass, ischt a
De = :
Ferli ànaweg. Wàschgi
Schpróch- und Schpróchmacher
Nutt 1988, S. 75
Das Wasser an sich geniesst in dem für diesen Beitrag
gesammelten Material einen etwas zwiespàltigen Ruf.
Einerseits werden direkt oder indirekt die Vorzüge des
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