rung unterstellt. Die einzelnen Wasserrechte waren
mit Mark- oder Heimstöcken zu begrenzen. Diese
Regelung galt bis 1923, als das Gesetz von 1864 durch
das liberale Sachenrecht abgelöst wurde. Die freie
Nutzung der Quellen (und damals noch des Grund-
wassers) wurde wieder ermöglicht.
II. Das Wasser im Sachenrecht
I. Wasserablauf
Artikel 93 des Sachenrechts, welches wir von der Schweiz
übernommen haben, lautet:
“Jeder Grundeigentümer ist verpflichtet, das Was-
ser, das von dem oberhalb liegenden Grundstück
natürlicherweise abfliesst, aufzunehmen, wie nament-
lich Regenwasser, Schneeschmelze und Wasser von
Quellen, die nicht gefasst sind.
Keiner darf den natürlichen Ablauf zum Schaden
des Nachbarn verändern.
Das für das untere Grundstück nötige Abwasser
darf diesem nur insoweit entzogen werden, als es für
das obere Grundstück unentbehrlich ist.”
Schon im römischen Recht der XII Tafeln (451 vor
Christus) finden sich ähnliche Bestimmungen, die
den Unterlieger gegen schädliche Zuleitung des Was-
sers des Oberliegers schützen. Der Unterlieger konn-
te den Oberlieger nach römischem Recht einklagen,
wenn dieser das natürlich zufliessende Wasser zurück-
hielt oder verminderte. Umgekehrt durfte der Unter-
lieger nicht Wasser an der Grenze zum Oberlieger
stauen und so den natürlichen Abfluss hindern. Diese
“actio acquae pluviae arcendae”. wurde später im ge-
meinen Recht weiter entwickelt und bildet heute noch
einen festen Bestandteil in den Rechtsordnungen
unserer Nachbarstaaten. Dieser Grundsatz ist im fran-
zösischen Code civil in Artikel 640 ausgesprochen.
(Aus dem Titel “Des sevitudes qui derivent de la situa-
tion des lieux” folgt, dass der Rechtssatz durch die
natürliche Gestalt des Grundstücks, durch die Natur,
hervorgebracht wird.) Der italienische Codice civile
verankert in Artikel 913 die selbe Regel. Im öster-
reichischen ABGB wurde dieser gemeinrechtliche
Grundsatz nicht aufgenommen, später aber im
Reichswassergesetz von 1869 verankert und von dort
ins geltende Bundeswasserrechtsgesetz übernommen.
Dieses Recht, die “lex naturae”, ist seit 2500 Jahren
nur geringfügig weiterentwickelt worden. Nach Peter
Liver gibt es kein anderes Rechtsverhältnis, das die Na-
tur so stark determiniert. Diese “lex naturae” zeigt sich
immerhin auch darin, dass ein Grundeigentümer, der
durch einen Erdrutsch oder Felssturz (Naturereignisse)
vom oberen Grundstück einen Schaden erleidet, die-
sen Schaden selbst zu tragen hat (BGE 73 II 151).
a) Das Objekt
Artikel 93 des Sachenrechts spricht nur das Oberflä-
chenwasser an. Das Wasser bildet keinen Bach, sondern
fliesst ohne festes Bett und feste Rinne über die
Bodenfläche ab. Läuft die Quelle als Bach ab, ist die
Quelle Bestandteil dieses Wasserlaufs und fällt nicht
unter den erwähnten Artikel. Gewöhnlichen privaten
Quellen wird der natürliche Abfluss nach Artikel 93
gelassen, jedoch nur solange, als sie nicht gefasst sind.
Ist die Quelle gefasst, so ist der Grundeigentümer
berechtigt, das Wasser in Röhren abzuleiten.
b) Gegenseitige Rechte und Pflichten der Nachbarn
Dem Eigentümer des oberen Grundstücks ist es ver-
boten, den natürlichen Wasserablauf zum Schaden
des Eigentümers des unteren Grundstücks zu ändern.
Er darf keine Ablagen erstellen, um die natürliche Ab-
flussmenge zu vergrössern oder das wild abgelaufene