Das Völkerrecht enthält keine allgemein verbind-
lichen Regeln über das Verhältnis zweier oder mehre-
rer Staaten zueinander hinsichtlich gemeinsamer
Gewässer, die die Staatsgrenze bilden oder aus einem
Staat in einen anderen fliessen. Soweit Verträge über
einzelne Flüsse geschlossen sind, wurde die jeweils
praktikable Regelung ohne Rücksicht auf Theorien
getroffen. So wurde auch in einem Abkommen vom 7.
Mai 1955 mit der Schweiz festgelegt, dass die Landes-
grenze im Rhein vom Grenzpunkt Liechtenstein-
Graubünden-St.Gallen beim Ellhorn bis zur Mün-
dung des liechtensteinischen Binnenkanals durch die
Mittellinie zwischen den beidseitigen Hochwasser-
wuhren gebildet wird. Von der Mündung des liech-
tensteinischen Binnenkanals bis zum Dreiländerpunkt
Liechtenstein -Schweiz-Österreich bildet die Mitte
des sogenannten Mittelgerinnes des Rheins die Lan-
desgrenze, Auf den Rheinbrücken wird die Landes-
grenze so angezeichnet, dass sie mit der Grenzlinie im
Rhein übereinstimmt (LGBl. 1965 Nr. 9).
Was die Wasserversorgung der Landesbewohner
anbelangt, so ist dafür nicht der Staat, sondern gemäss
Gemeindegesetz die Gemeinde zuständig. Jede Ge-
meinde ist verpflichtet, die Wasserversorgung sowie
die Errichtung und den Betrieb der dafür notwendi-
gen Anlagen zu gewährleisten. Dieser Aspekt sowie die
gesamte öffentlich-rechtliche Gesetzgebung zum Was-
serrecht werden hier ausgeklammert, weil es den Rah-
men dieser Publikation sprengen würde.
In Liechtenstein galten bezüglich des Wasserrechts
bis zum Jahr 1864 einzig die von Österreich über-
ı1ommenen Regelungen des ABGB. Erst im Gesetz
betreffend die Benützung der Gewässer im Fürsten-
tum Liechtenstein von 1864 wurden sämtliche Gewäs-
ser im Land, ob privat oder öffentlich, der Kontrolle
der Regierung unterstellt, was einen drastischen Ein-
schnitt in die Nutzungsrechte der Grundeigentümer
bedeutete. Nach der alten Regelung präsentierte sich
die Lage etwa so, wie sie im knappen und prägnanten
Kommissionsbericht zum Wassergesetz von 1864 des
Abgeordneten Kessler gezeigt wird: Das Wasserrecht
zehörte von alters her zu den nutzbaren Hoheits-
rechten oder Regalien im engeren Sinn und war eine
Quelle von Abgaben für die Untertanen und des Ein-
kommens für die Regierung. Der Landesherr verlieh
Wasserrechte an einzelne Untertanen gegen Bezah-
lung einer bestimmten Abgabe, welche im Land unter
dem Namen “Wasserfallszins” bekannt, und erst in
den fünfziger Jahren zu Gunsten der Renten abgelöst
worden ist. Seit der fürstlichen Verordnung von 1848
wurde den neuen Wasserwerken keine solche Abgabe
mehr auferlegt. Bei Verleihung von Mühlrechten
wurde nicht mehr nach den früher üblich gewesenen
monopolistischen Grundsätzen verfahren. Die zuneh-
mende Benützung der Gebirgsbäche und Binnen-
wässer zum Betrieb von Wasserwerken und zur Boden-
bewässerung sowie die Entwässerung des Flachlands
hat den Mangel eines Wasserrechtsgesetzes fühlbar
gemacht.
Der Gesetzesentwurf (1864) nimmt die Grundsätze
des 8 287 ABGB auf und regelt die Benützung solcher
3äche und Gewässer, welche ein allgemeines und
Mfentliches Gut sind und nicht Gegenstand des Privat-
eigentums werden können. Bezüglich der Benützung
ler Gewässer haben bisher einzig die Normen in 8 413
ABGB gegolten. Derselbe lautet: “Jeder Grundbesitzer
ist besucht, sein Ufer gegen das Ausreissen des Flusses
zu befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder
Pflanzungen anlegen, die den ordentlichen Lauf des
Flusses verändern, oder die der Schiffahrt, den
Mühlen, der Fischerei oder anderen fremden Rech-
ten nachteilig werden können. Überhaupt können
ähnliche Anlagen nur mit Erlaubnis. der politischen
Behörde gemacht werden.” (LTP 1863/64)
Nach dem Gesetz bedurfte fortan jegliche Benüt-
zung des Wassers die Bewilligung der Regierung.
Sämtliche Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen
wurden der Leitung und Beaufsichtigung der Regie-