Wasser und Lebensräume
Mario F. Broggi
"Ohne Wasser gibt es kein Leben. Wasser
ist ein kostbares, für den Menschen
unentbehrliches Gut.”
Wassercharta des Europarates 1968
Einleitung
Die formenden Kräfte des Wassers haben die Land-
schaft wesentlich zu dem gemacht, wie wir sie heute
erleben. Wasser in Form des Eises überlagerte einst in
einer Mächtigkeit von mehr als tausend Metern den
Rheintalboden, und mit der Kraft des Wassers wurde
Geschiebe mitgeführt, das das Tal auffüllte.
Kommen wir von einer mediterranen Reise in unse-
re Gegend zurück, so fällt uns als erstes das satte Grün
anstelle des sommerlichen Brauntons am Mittelmeer
auf. Das Wasser ist hier ein Segen für die Landwirt-
schaft. Wasser hat aber auch als frühere Landesnot in
Form des ungezähmten Rheins und der Rüfen viel
Leid über unser Land gebracht. Dies hat zu einem
zwiespältigen Verhältnis des Menschen zum Wasser
geführt. Wir benötigen es zwar als Trinkwasser, zur
Bewässerung der Felder, zur Energieerzeugung sowie
für die Erholung, wir kämpften aber auch gegen seine
Fluten, verdrängten es zunehmend aus der Landschaft
und kontrollieren es in Schächten und Kanälen. Die
einzige Funktion unserer Bäche schien für lange Zeit
die möglichst problemlose und schnelle Ableitung des
Wassers zu sein, ganz nach der Devise “aus dem Auge,
aus dem Sinn”. Erst als die Siedlungsabwässer massiv
zu stinken begannen, baute man mit grossem Mittel-
einsatz Kanalisationen und Kläranlagen.
Dabei scheinen wir vergessen zu haben, dass das
Leben unserer Erde dem Wasser entstammt. Im und
am Wasser lebt noch heute eine Unzahl von Tieren und
Pflanzen. Die Fische als Leittiere des Wassers sind obli-
gat an dieses Element gebunden, andere Arten ver-
bringen zumindest einen Teil ihres Lebenszyklus im
Wasser. Ihnen entziehen wir mit verrohrten, verbau-
ten und strukturlosen Gerinnen die Lebensgrundlage.
Vaduz war einst vom Wasser geprägt
Vielleicht hat das Wasser Vaduz seinen Namen gegeben,
wie dies an anderer Stelle dieser Schrift beschrieben
wird. Die alten Vaduzer Ortsteile liegen jeweils in der
Nähe des fliessenden Wassers, wobei sich dort die
unterschiedlichsten Gewerbe wie Perlenschnüre ent-
lang der Bäche aufreihten, um ihre Kraft für Gips-
mühlen, Hanfstampfen, Sägereien und anderes mehr
zu nutzen. Gleichzeitig waren aber diese ersten Sied-
lungsteile im “Windschatten” des wilden Wassers und
ausserhalb des versumpften Talbodens angelegt, um
der Gefährdung durch das Wasser auszuweichen.
Von Süden nach Norden flossen auf Vaduzer
Hoheitsgebiet mehrere Bäche. Der Möliholzbach zog,
urkundlich belegt, seit dem neunten Jahrhundert viele
Nutzer an. Auch die Spinnerei Jenny, Spoerry & Cie
wurde an diesen Standort gelockt. Für die Stromge-
winnung baute sie beim Wildschloss eine Wasserfas-
sung mit einem Zuleitungsrohr zur Fabrik. Nach Ge-
brauch musste das Wasser in die heute noch bestehen-
den Ausgleichsbecken im oberen Möliholz geleitet
werden, damit die nachfolgenden Nutzer keine Ein-
bussen in Kauf nehmen mussten.
Sha di : pus uU E oy