Porträt, das Rigaud 1729 von Graf Philipp Ludwig Wenzel von Sinzendorf in großer Gala des
Ordens vom Goldenen Vlies gemalt hatte (Kunsthistorisches Museum, Wien). Der Graf fungierte
von 1699 bis 1701 als Sonderbeauftragter des Habsburger Hofes in Versailles.
Der Brauch des Ordens gebot dem Ritter, sein Abzeichen selbst anfertigen zu lassen. Das Abzeichen
blieb in seinem persönlichen Besitz, während Ordenskette und Robe nach dem Tod des
Ordensträgers an den Orden zurückgingen und an den Nachfolger weitergegeben wurden. Nachdem
er sich dazu entschlossen hatte, ein zweites Porträt malen zu lassen, mußte Joseph Wenzel es wohl
als notwendig empfunden haben, auch das geeignete festliche Gewand zu bekommen. Am 21. Juli
1740 adressierte er ein förmliches Ersuchen von Compiegne aus an seinen Schwager Graf Friedrich
August von Harrach, in dem er ihn bat, ihm die volle Gala des Ordens zu schicken. Der Brief (in den
Archiven der Familie Harrach, Österreichisches Staatsarchiv, Wien) verdient es, zitiert zu werden:
J'ai pris la liberte le 6. courant d'&crire a Vtre Ex.°C pour la prier de m'envoyer un habillement
complet de chevalier de la Toison d'or, avec le chapeau et tout ce qui appartient audit
habillement, je n'en ai pas recu de reponse ce qui me fait soupconner que ma lettre ne sera pas
parvenüe a V. E., le peintre Rigault a son ordinaire ne veut cependant pas continuer le portrait
qu'il a commence avant qu'il n'ait ledit habillement, c'est pourquoy je prie V. E. en cas qu'il soit
possible d'’en avoir un de me l'envoyer le plutöt que faire le pourra ...
(Ich habe mir die Freiheit erlaubt, Eurer Majestät am 6. dieses Monats zu schreiben, um sie zu
bitten, mir das komplette Gewand eines Ritters vom Goldenen Vlies zu schicken, mit dem Hut
und allem, was dazugehört, [aber] ich habe keine Antwort erhalten, was mich vermuten läßt,
daß der Brief Eure Majestät nicht erreicht hat. Der Maler Rigaud möchte mit dem Porträt, das
er begonnen hat, nicht fortfahren, bis er das betreffende Kleidungsstück hat, darum bitte ich
Eure Majestät, wenn es möglich wäre, mir so schnell es geht ein solches zu schicken...)
Hieraus können wir nicht nur schließen, daß Joseph Wenzel nicht im Besitz der geeigneten Kleidung
war, sondern daß er auch darauf eifrig darauf bedacht war, den Wünschen des Künstlers
entgegenzukommen, der dem Prinzen deutlich gemacht zu haben scheint, daß er ohne das Gewand
das Porträt, das er bereits begonnen hatte, nicht in seiner gewohnten Art und Weise fertigstellen
könnte. Wohin Joseph Wenzels Brief geschickt wurde, ist nicht schriftlich festgehalten, aber aller
Wahrscheinlichkeit nach war es Brüssel, da Graf Harrach kaiserlicher Generalgouverneur der
Niederlande war. Obwohl der Graf selbst erst 1745 zum Ritter vom Goldenen Vlies ernannt werden
würde, war Brüssel bis 1794 der Sitz des Ordens, und Joseph Wenzel ging sicherlich davon aus, daß
sein Schwager in der Lage sein würde, die Sendung der notwendigen Ausstattung zu beschleunigen.
Wie es scheint, wurden Joseph Wenzels Wünsche erfüllt, denn Rigaud konnte das noble Gewand
detailliert wiedergeben, was dem Bild einen Großteil seiner Pracht verleiht. Die mit Juwelen besetzte
Goldkette ist aus Stahlgliedern in der Form von ineinandergreifenden Bs (für Burgund)
zusammengesetzt, die an den Feuersteinen Funken erzeugen. An ihr hängen die Insignien des
Ordens, das Vlies eines Widders. In seiner linken Hand hält der Fürst ein Birett, an der ein besticktes
Halstuch befestigt ist und an dessen Seite ein längeres Stofftuch herunterhängt. Die Art der
Kopfbedeckung, wie auch die Kette, gehen auf das fünfzehnte Jahrhundert zurück. Der Fürst trägt
eine karminrote Samttunika unter einem violetten Umhang, der auf der Innenseite mit weißem Satin
besetzt ist und auf dessen Saum die in Gold gestickten Feuersteine, Stahl- und Fellstücke sowie die
sich wiederholende Devise des Ordens, JE L'AI EMPRINS (Ich habe es gewagt), zu erkennen sind.
Zu Füßen des Fürsten liegen Küraß und Helm, die nicht zum Kostüm gehören, aber als Teile einer
Rüstung auf seine militärische Karriere anspielen.
Wie er in seinem Hauptbuch niederschrieb, lieferte Rigaud eine vollständig originale Komposition ab.
Der Kopf wurde jedoch kopiert: jede Locke der Perücke, jede Falte des geknoteten Halstuchs, und
jede Linie des Gesichtsausdrucks stammen aus dem großen Porträt, das diesem vorangegangen sein