Volltext: Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein

Bologna - den Wünschen eines Sammlers barocker Kunstwerke am meisten entgegenkäme. Der 
Fürst zeigte ebenfalls eine Vorliebe für die großen flämischen Meister, wie Rubens und van Dyck. 
Mit dem Erwerb des Decius-Mus-Zyklus im Jahre 1693 legte er den Grundstein für die berühmte 
Rubens-Sammlung, die sich in den folgenden Jahren ständig vergrößerte. Die bezwingende Symbolik 
dieser Reihe von Gemälden verlieh der Liechtensteiner Galerie einen nie gekannten Glanz. Gegen 
Ende des siebzehnten Jahrhunderts, mit dem Ende der zweiten Generation von Käufern, die 
persönliche Beziehungen zu Rubens und van Dyck genossen hatten, war eine große Anzahl von 
Werken dieser flämischen Meister in Flandern erhältlich. Drei Sammler ergriffen diese einmalige 
Gelegenheit: der pfälzische Kurfürst Johann Wilhelm, Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern 
und Fürst Johann Adam von Liechtenstein. Während die Sammlungen der beiden Kurfürsten später 
in der Alten Pinakothek in München vereint wurden, blieben die von Fürst Johann Adam erworbenen 
Rubens-Werke in der Liechtensteiner Sammlung. Wilhelm von Bodes Beurteilung des hohen Ranges 
der Rubens-Sammlung des Jahres 1896 hat nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt. Wenn die 
Liechtensteiner Galerie erwähnt würde, so schreibt er, würde jeder, der auch nur ein wenig mit den 
schönen Künsten vertraut sei, sofort an Rubens denken und sich an die Vielzahl und Verschiedenheit 
der wunderbaren Bilder dieses Meisters, die auf eine ganze Reihe von Zimmern im Palast verteilt 
seien, erinnern. Man könnte behaupten, so fährt von Bode fort, daß die Bezeichnungen 
“Liechtensteiner Galerie” und “Rubens” immanent miteinander verbunden seien: einerseits sei die 
Galerie ohne die Rubens-Sammlung nicht vorstellbar, andererseits kann kein vollständiges Wissen 
über den großen flämischen Meister erworben werden, ohne seine Bilder in der Liechtensteiner 
Galerie gesehen zu haben. Neben der Alten Pinakothek in München, dem Museo del Prado und dem 
Louvre gilt die private Sammlung des Fürsten von Liechtenstein als eine der schönsten Sammlungen 
großer Werke von Peter Paul Rubens. 
Über ein Netz von Handelsbeziehungen über ganz Europa wurde Fürst Johann Adam mit Angeboten 
versorgt. Der Fürst traf seine Wahl allein nach seinem persönlichen Geschmack. Für den Erwerb 
seiner Kunstschätze bediente er sich häufig einer von den Brüdern Forchoudt in Antwerpen 
gegründeten Kunsthandlung, von der es eine Niederlassung in Wien gab. Ein Teil der Forchoudt- 
Korrespondenz ist erhalten geblieben und liefert einen interessanten Einblick in die Art des 
Kunsthandels jener Zeit. Aus den Briefen geht ebenfalls hervor, daß nur signierte und 
außergewöhnlich gut erhaltene Werke an Johann Adam verkauft werden sollten. Eine weitere Quelle, 
aus der der Fürst seine Werke bezog, war Marcantonio Franceschini, ein Maler aus Bologna. Der 
Briefwechsel zwischen Franceschini und Johann Adam enthält, einzigartig für die damalige Zeit, 
kritische Anmerkungen zu verschiedenen Künstlern, zum Zustand und der Qualität ihrer Werke 
sowie Aufzeichnungen der langwierigen Verhandlungen bezüglich des Verkaufspreises einer großen 
Anzahl von Werken und Fragen zum Transport. Am 1. Oktober 1706 schrieb Johann Adam an 
Franceschini, daß er acht Räume mit Bildern gefüllt habe und fügte hinzu “Niente dimeno non 
tralasciaremo di fare novi acquisiti, ma devono essere delli autori della prima classe e die bonissimo 
gusto” (Nichtsdestoweniger werden wir weitere Werke erwerben, aber diese müssen von 
erstklassigen Künstlern und gutem Geschmack sein). Bei den vom Fürsten erwähnten Räumen 
handelte es sich um Zimmer im Liechtensteiner Stadtpalais in Wien. Die Liechtensteiner Galerie war 
von ihrem ursprünglichen Standort in Schloß Feldsberg in die Hauptstadt des Heiligen Römischen 
Reiches verlegt worden, wo sie zwei Jahrhunderte lang eine entscheidende Rolle im kulturellen 
Leben der Stadt spielen sollte. 
Die der Sammlung vom Fürsten auferlegte Anordnung scheint seine unmittelbaren Nachfolger stark 
beeindruckt zu haben, denn bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts fehlt jeder Hinweis auf 
irgendwelche Veränderungen, Umstellungen oder nennenswerte Neuerwerbungen. Im ersten, 1767 
verfaßten Katalog der Liechtensteiner Galerie führt der Galerie-Inspektor des Fürsten über 
fünfhundert Gemälde auf und beschreibt die Folge ihrer Anordnung in den zehn Räumen wie für eine 
imaginäre Besichtigung. Mithilfe dieses Texts kann die Reihenfolge der Bilder Zimmer für Zimmer 
rekonstruiert und die vom Fürst intendierte Aneinanderreihung spezifischer Werke nachvollzogen 
werden. Im Laufe von zwei Generationen war eine Kunstsammlung entstanden, die durch die
	        

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