Geschwister hervorgeht. Darin steht, daß er dem Fürsten Johann Adam Andreas ein “kleines Pferd”
und einen “kleinen Stier” von Giovanni Bologna für 90 Reichstaler angeboten habe (Denuce 1931,
Bd. 1, S. 242). Es könnte sich hierbei um die Bronzen handeln, die in der Antwerpener Sammlung
Jan van Meurs’ 1652 aufgeführt wurden (Denuce 1932, Bd. 2, S. 135).
Das Pferd ist eine von vielen Statuetten, die nach Giovanni Bolognas Modellen für sein
Reiterstandbild für Cosimo I. de’ Medici in der Piazza della Signoria in Florenz, das 1593
fertiggestellt wurde, entstanden. Der Stier kam etwas später, konzipiert als verkäufliches
Gegenstück. Eine frühe Erwähnung eines Stiers von Giovanni Bologna bezieht sich auf ein
Wachsmodell, wahrscheinlich ein vorbereitendes Modell, aus dem Bestand Benedetto Gondis aus
dem Jahre 1609. Ein schwereres Tier im Bargello in Florenz könnte Giovanni Bolognas
ursprüngliche Ideen widerspiegeln. Seine Nachfolger gaben der Komposition eine ausgeprägtere
Stromlinienform, wofür der Liechtensteiner Stier und andere Bronzen ein gutes Beispiel sind. Ein
Pferd und ein Stier, von Antonio Susini gegossen und anscheinend als Paar gedacht, gehörten zu den
Statuetten, die Henry, dem Prinzen von Wales, im Jahre 1612 als diplomatisches Geschenk geschickt
wurden. Avery (1978, Nr. 177-178) behauptet, Stiere vom Liechtensteiner Typus hätten antike
Vorlagen. Aber obwohl noch viele dieser Skulpturen existieren, kann man von keiner mit
Bestimmtheit sagen, daß sie einen direkten Einfluß auf das Modell gehabt hätte (siehe Reinach 1909,
Bd. 2, Abb. 730-736; Reinachs Abb. 735.4 und 736.2 leiten sich jedoch von Bildern Giovanni
Bolognas her). Im Gegenteil, der Grund für die Ausführung des Stiers war der Erfolg von Giovanni
Bolognas Pferd, Rhythmus als Antwort auf Rhythmus, ein schweres, aber nicht weniger anmutiges
Gegenstück.
Das Pferd hat fein herausgearbeitete Adern und einen schön ziselierten Schwanz (der, wie in vielen
Fällen, nachträglich befestigt wurde), eine handwerkliche Glanzleistung, der die Ziselierung des
Kopfs und der Augen des Stiers in nichts nachsteht. Tietze-Conrat (1918, S. 82) hat überzeugend
argumentiert, daß der Stier in der Werkstatt von Giovanni Francesco Susini gegossen wurde, eine
Annahme, die man auf das Pferd ausdehnen sollte.
James D. Draper
LITERATUR: Kat. 1767, S. 67, Nr. 31-32; Tietze-Conrat 1918, S. 80
19
Nach einer Komposition von Giovannı Bologna
Flandern (tätig in Florenz), 1529-1608
Guß von Giovannı Francesco Susini
Florenz. ca. 1575-1653
HEILIGER SEBASTIAN
Florenz, Erstes Viertel 17. Jahrhundert
Bronze; Höhe 54,4 cm
Liechtenstein Inv. Nr. 557