Volltext: Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein

Adrıaen de Fries 
Niederlande, 1545-1626 
CHRISTUS IM ELEND 
Prag, 1607 
Bronze mit brauner Naturpatina; Höhe 149 cm 
Inschrift auf Rückseite der Basis: ADRIANUS FRIES HAGENSIS / FECIT 1607 
Inschrift auf linker Seite des Postaments: EMPTI / ESTIS / PRETIO / MAGNO 
Inschrift auf Rückseite des Postaments: CAROLVS / ALIECHTTEN / STEIN RUD. II / IMP.CAES. P.E. / 
AUG. SACRI / PALATII / PRAEFFECTVS / DEDICAVIT / AN. P.C.N. / MICCVIIL 
Liechtenstein Inv. Nr. 515 
Am 1. Mai 1601 wurde Adriaen de Fries zum kaiserlichen Kammerbildhauer Rudolfs II. (1552-1612) 
ernannt. Bald’danach zog er nach Prag, der Residenz des Kaisers. Während der folgenden zehn Jahre 
widmete sich der Künstler vor allem der Erstellung von Bronzeskulpturen für Rudolf II. Er fertigte 
drei offizielle Porträts des Kaisers an, mehrere allegorische Reliefs und Gruppen sowie weitere 
Bronzen für Kaiser Rudolfs berühmte Sammlungen. Zudem besaß de Fries die - für damalige 
Verhältnisse ungewöhnliche - Erlaubnis, auch private Aufträge, meistens religiösen Inhalts, für hohe 
Bedienstete des Hofes, die zur Umgebung des Kaisers gehörten, anzunehmen. Der bedeutendste 
jener Adligen war Karl von Liechtenstein (1529-1627), der kurz nach seiner Konvertierung zum 
katholischen Glauben 1599 die höchst einflußreiche Stellung eines Obersthofmeisters des Palastes 
des römischen Kaisers Rudolf II. erhielt. Dieser Titel befindet sich in lateinischer Schrift in der 
Widmung auf der Rückseite des Sockels dieser Figur. 
Die beeindruckende, fast lebensgroße Skulptur des Christus im Elend ist vor allem eine Betrachtung 
zur Passion Christi und zu der Rolle, die sie in der Erlösung der Menschheit spielt. Auf dem Piedestal 
der Statue befindet sich ein Zitat aus Paulus’ erstem Brief an die Korinther (6:20) - EMPTI ESTIS 
PRETIO MAGNO (um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden). Es unterstreicht den meditativen 
Aspekt und betont den emotionalen Appell, wiedergegeben in den leidenden Gesichtszügen Christus’ 
und der flehenden Geste seiner Hände, zum Gebet erhoben, als ob er den letzten Abschnitt seines 
Opfers abwehren wollte. Die Statue soll Christus auf dem Kalvarienberg darstellen, als er auf einem 
Stein ausruhend die Henker erwartet, die ihn ans Kreuz schlagen werden. Die Episode hat keine 
biblische Grundlage, aber Christus im Elend gehörte zu den spätmittelalterlichen religiösen Themen, 
die vor allem in Deutschland sehr populär waren; es unterscheidet sich stark von Darstellungen, die 
Christus mit Dornenkrone und von Nägeln und Lanze durchbohrten Händen, Füßen und Seite 
zeigen. 
Es ist häufig darauf hingewiesen worden, daß die Komposition des Liechtensteiner Christus im 
Elend, mit gekreuzten Beinen, von einem der bekanntesten Werke Dürers inspiriert war, nämlich 
dem Schmerzensmann, dem Holzschnitt der Titelseite seiner großen Passion aus dem Jahre 1511 
(Frankfurt 1981, Abb. 32). Von 1580 bis weit ins siebzehnte Jahrhundert hinein erfreute sich Dürers 
Werk einer großen Beliebtheit, besonders am Hof in Prag. Eine Anlehnung an einen deutschen 
Künstler überrascht demnach nicht. De Fries’ Christus ist jedoch weit mehr als ein dreidimensionales 
Abbild von Dürers Darstellung. Die emotionale Kraft, die von de Fries’ Christus ausgeht, hat eine 
andere Bedeutung und wird auch durch andere expressive Mittel ausgedrückt. Während Dürers 
graphische Darstellung von Christus den Gedanken des ständigen Leidensweges symbolisiert, so 
drückt de Fries’ Christus im Elend die Angst während eines bestimmten Augenblicks der Passion 
aus. Die zwischen Christus sorgenvollem und verzweifeltem Gesichtsausdruck und der klassischen
	        

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