assoziiert: Kameen, Reliefmosaike und kleine Skulpturen aus farbiger Pietra dura sowie ornamentale
Vasen und Becher aus polierter Pietra dura und Bergkristall mit emaillierten Goldfassungen. Man
weiß jedoch nicht, ob er illusionistische Pietra-dura Arbeiten wie jene des Liechtensteiner
Schränkchens angefertigt haben könnte.
Über das ungefähre Datum der Fertigstellung der Truhe ist man sich ziemlich sicher. Wilhelm (1947-
1950, S. 7-8 und S. 11, Abb. 6) liefert Anhaltspunkte dafür, daß Fürst Karl I. bis 1620 kein Feld für
Kuenring im Wappen hatte und er 1623, als er Herzog von Jägerndorf wurde, sofort das goldene
Jagdhorn einfügen ließ. Das Wappen auf der Schatulle wäre also nur für den kurzen Zeitraum
zwischen 1620 und 1623 in Gebrauch gewesen.
Die Annahme, daß die Pietra-dura Platten vor 1620 angefertigt wurden, wird durch die Ähnlichkeit
einiger von ihnen mit Graphiken, die in den Jahren 1600-1618 in Prag hergestellt wurden,
unterstützt. Obwohl keine der Platten den Graphiken so ähnlich ist wie die von Giovanni Castrucci in
Wien (Inv. Nr. 3397), scheinen sich mehrere, insbesondere die Gondelszene in der Mitte der
Vorderseite der Truhe, die Burg mit einer Brücke und einer Ruine mit Rundbogen daneben, die
Landschaft mit einem Fischer unten links und eine Szene auf dem Deckel der Truhe, auf der ein
steiler Pfad zu einer Festung auf einem Hügel führt, lose auf Aegidius Sadelers Kupferstiche zu
beziehen (siehe Hollstein, Bd. 22 [1980], S. 63, Nr. 250, S. 64, Nr. 251-252, S. 66, Nr. 255 und S.
74, Nr. 271). Sadeler, 1570 in Antwerpen geboren, war ein flämischer Maler und Kupferstecher, der
1597 nach Prag ging, wo er zum bedeutendsten Stecher am Hofe Rudolfs II. wurde. Er starb in Prag
im Jahre 1629. Alle Drucke Sadelers, an die sich die Landschaften auf den Platten anlehnen, basieren
wiederum auf Entwürfen eines anderen flämischen Künstlers, Pieter Stevens (ca. 1567-nach 1624),
der von 1594 bis 1612 am kaiserlichen Hof in Prag arbeitete. Nicht alle stammen jedoch aus
derselben Quelle. Auf der linken Seite der Schatulle befindet sich ein Rundbogen zwischen einer
Gruppe von Gebäuden und einem Turm, für die die römischen Ruinen von Ripa Grande,
wahrscheinlich nach einer Graphik Willem van Nieulandts II. (ca. 1584-1636), illustriert in Hollstein
(Bd. 14 [1956], S. 165, Abb. 18), die Vorlage geliefert haben könnten. Van Nieulandt hielt sich
zwischen 1602 und 1605 in Rom auf, und seine Serie von römischen Ruinen erschien kurze Zeit
später.
Sollte es sich bei der Schatulle tatsächlich um ein Erzeugnis der Miseroni-Werkstatt handeln, dann
muß Ottavio Miseroni entweder Castrucci-Steinschneider, wie Neumann (1957, S. 191) vorschlägt,
eingestellt haben, oder er hat ungefaßte Platten aus einer früheren Schaffensperiode der Castrucci-
Werkstatt benutzt. Dies würde die Unregelmäßigkeiten in der Größe und der Form der Platten dieser
Schatulle erklären, so daß kleinere Steinstücke nötig waren, um das Kunstwerk zu vollenden. Der
Rahmen wurde eher von Steinschneidern und Metallhandwerkern als von Tischlern angefertigt.
Wenn man die Liechtensteiner Truhe mit anderen noch erhaltenen Schränkchen mit Platten aus der
Castrucci-Werkstatt, die alle in Elfenbeinholz gefaßt sind, vergleicht (jeweils ein Exemplar im
Kunsthistorischen Museum in Wien [Neumann 1957, S. 193, Abb. 218, und S. 201, Nr. 31], im
Umeleckoprümysolve Muzeum in Prag [Bukovinska 1972, S. 363-365, Abb. 1-2, und S. 369], im
Museo dell’Opificio delle Pietre Dure in Florenz [Giusti, Mazzoni und Pampaloni Martelli 1978,
Abb. 348-358, und S. 312, Nr. 434], in der Rosalinde-und-Albert-Gilbert-Sammlung [Los Angeles
1982, S. 83-84, Nr. 1], und in einer anonymen Privatsammlung [Philippovich 1981, S. 22-27, Abb.
1-2]), dann wird der Unterschied zwischen diesen eher konventionellen Tischlerwerken und der
Liechtensteiner Schatulle, mit ihrer prachtvollen Goldverzierung und ihren wunderbaren, farbigen
Edelsteinen. offensichtlich.
Clare Vincent
LITERATUR: Kat. 1767, S. 47, Nr. 24; Kat. 1780, S. 264, Nr. 90; Luzern 1948, S. 69, Nr. 285; Neumann 1957, S.
191-192, Abb. 217, und S. 201, Nr. 32; Wilhelm 1976, S. 24; Distelberger 1980, S. 61-63.