Landschaftsveduten galten. Das Reisen mit Papier und Aquarellpinsel blieb fortan die
eigentliche Inspirationsquelle Rudolf Alts. Immer wieder hat er die Länder der
österreichischen Monarchie und Südosteuropas bereist, Interieurs, Landschaftsbilder und
Städteansichten mit äusserster Genauigkeit und malerischer Frische festhaltend. Die von
Alt hauptsächlich gepflegte Technik der Aquarellmalerei hat er teils flüchtig andeutend,
teils genau umreissend, später auch impressionistisch aufgelockert, immer aber mit
absoluter Meisterschaft beherrscht. Gegen Ende seines Lebens ist er mit einer Professur
der Wiener Akademie, durch seine Nobilitierung, wie auch als Ehrenbürger der Stadt
Wien ausgezeichnet worden.
GRABRUINE BEI RAGUSA
Leinwand 66 x 52 cm Liechtenstein Inv. Nr. 2056 Erw. 1906 auf der Auktion des
Nachlasses von Rudolf von Alt durch Fürst Johannes II.
Rudolf von Alt, Grabruine bei Ragusa Aquarell aus dem Jahr 1840 München,
Staatliche Graphische Sammlung
Im Herbst des Jahres 1840 hatte der 28jährige Rudolf Alt mit seinem Vater Jakob Alt
eine Reise nach Dalmatien angetreten. Für ein von H. F. Müller in Wien herausgegebenes
Illustrationswerk «Pittoreskes Österreich» sollten Ansichten durch beide Künstler
aufgenommen werden. Am 24. September trafen Vater und Sohn in Ragusa, dem
heutigen Dubrovnik, ein, damals noch mit Dalmatien ein Teil der österreichischen
Monarchie. In einem Brief berichtet Rudolf Alt über die malerische Stadt an der
Adriaküste: «Wie herrlich ist Ragusa, das ist das Schönste, was ich bis jetzt gesehen
habe» (Koschatzky, S. 72). Kurz vor ihrer Abreise entstand am 2. Oktober 1840 ein
Aquarell mit der Darstellung einer ruinösen Grabkapelle oberhalb eines Weges,
umwachsen von Agaven, Buschwerk und kleinen Bäumen. Nach diesem Aquarell, das
heute in der Staatlichen Graphischen Sammlung in München bewahrt wird, wurde das
vorliegende Gemälde angelegt. Sorgfältig überträgt es die topographische Situation, den
Charakter südlicher Vegetation und die frische Bläue des Adriahimmels in das grosse
Format, Details, wie etwa den Türfries der Kapelle, sogar schärfer fassend. Ölgemälde
waren nicht Rudolf Alts eigentliches künstlerisches Element, so hatte er am 14. August
1838 in einem Brief festgehalten: «Auch mich kostet die Öhlmalerei viel Plage und
Überwindung, da ich gar nicht daran gewöhnt und fast gar keine Erfahrung darin habe.
Viel leichter würde es mir gehen und vielleicht, dass meine Sachen besser für den
Augenblick würden, wenn ich meinem Aquarell getreu bliebe; allein für die Folge ist das
Öhl viel vorteilhafter» (Koschatzky, S. 64). Das vorliegende Gemälde, eine Atelierarbeit
der auf die Dalmatienreise folgenden Wintermonate, ist allerdings nicht mehr das Werk
eines Anfängers, auch wenn es die Leichtigkeit und Skizzenhaftigkeit der
Aquarellmalerei etwa in den dünn verstrichenen Randpartien nicht gerade erfolgreich
aufzugreifen versteht.
Reinhold Baumstark
LITERATUR: Kat. Öffentliche Versteigerung des Künstlerischen Nachlasses von Rudolf von Alt,
Galerie Miethke Wien, Wien 1906, Nr. 8 mit Abb.; Kat. 1931, Nr. 2056; Kat. Ausst. 1950, Nr. 11. Zur
Aquarellvorlage: W. Koschatzky, Rudolf von Alt 1812-1905, Salzburg 1975, Werkverzeichnis Nr.
40/70.
L0Z